Full text: Mit einem Stahlstich (Bd. 5)

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Elftes Hauptstück. 
Stadt: ein vornehmer Fremder sah ihn von weitem, 
scheute sich aber, den Zaar in solcher Gesellschaft zu 
grüßen; da winkte dieser, gierig auf und ab, wie vor. 
her, und untcrrcdete sich ganz unbefangen mit dem Frcm. 
den. Seine ältere Nichte Katharina Jwanowna hob er 
bei einem Zusammentreffen in Norddeutschland stürmisch 
aus dem Wagen, riß sic die Treppe hinauf, schloß sich 
mit ihr in ein Zimmer, und ließ ihren Gemahl pochen, 
bis cs ihm gefiel, die Thüre wieder zu offnen. Nach 
Paris kam er mit verschicdnen Frauenzimmern aus Ru߬ 
land, von zigeunerhaftem Aussehen; jede trug ein Kind, 
und antwortete ans die Frage: wem das Kind gehöre? 
«sie verdanke cs der Gnade des Zaars." Schwer büßte 
das russische Volk dafür, daß er unter steter Furcht vor 
Verschwörungen den Thron bestieg und behauptete. Er 
gab ein Gesetz, das jeden Leibeignen befugte, seinen 
Herrn anzugcben, und welches bald auf jede andre Per¬ 
son ausgedehnt wurde. Die Angabe geschah durch die 
Worte ,'slowv i delv«, das heißt: ich klage dich an als 
Majestatsverbrccher «nach Wort und Thal«. Von dem 
Augenblicke, da die schrecklichen Worte gesprochen wa¬ 
ren, hörte die Gewalt des Herrn über den Leibeignen, 
des Vaters über den Sohn auf: die Anwesenden muff¬ 
ten den Beklagten verhaften, und der Kläger wurde so¬ 
gleich entweder vom Monarchen selbst, oder von der 
geheimen Kanzlei verhört; im Falle Jener läug- 
nete, mußte dieser sich der Folter unterwerfen. Die ge¬ 
heime Kanzlei ward ein Jnquisitionsgericht, das vor¬ 
nämlich in den ersten und letzten Jahren Peters furcht¬ 
bar gewüthet hat. «Geht,« sagt Karamsin, «in das 
Kirchdorf Preobraschenskvisi, welches Moskau mit gutem 
Wasser versieht. Da, zwischen Gärten, wird man euch 
die Trümmer eines nicht großen steinernen Gebäudes 
zeigen: hier mußte Peter zu seiner und des Reiches 
Sicherheit jenes schauderhafte Tribunal gründen: ich sah 
die.riefen Gruben, worin die Unglücklichen schmachteten;
	        
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