Europäische Verwicklungen bis 1740.
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konnte er machen? Den Türken hatte er schon ein Thor
von Belgrad eingeräumt: der Großwesfi'er konnte ihn
zwingen; er unterschrieb folglich, bevor der Kaiser die
Präliminarien ratificirte, am 18. Scpt. 1759 den Dc-
finitivfricden von Belgrad, und zwar so gedankenlos, daß
das türkische, lateinische und italiänische Exemplar der
Artikel zum großen Schaden des Kaisers mit dem deut¬
schen nicht übereinstimmten. Umsonst entschuldigte er sich
nachmals in sehr schlechtem Deutsch: „er versiebe-vom
Türkischen keine Sylbe, vom Lateinischen und Jtaliäni-
schen so gut als Nichts;" umsonst sperrte Karl VI. ihn
zu Glah, den Wallis zu Brünn ein, und klagte in ei¬
nem Schreiben an alle Höfe bitterlich über seine Feld¬
herrn und Bevollmächtigten: was Eugen in den Tagen
seines Nuhms erobert hatte, war und blieb verloren.
Auch für Rußland, das nun wieder allein stand, unter¬
handelte Viileneuve: ein Jtaliäner brachte die, von Ostcr-
mann gefertigte, von Anna, gezeichnete Vollmacht: man
bestach ihn, damit er desto schneller unterschrieb: Annas
Kränklichkeit und ein Komplott, das man im Innern
des Reichs entdeckte, beschleunigten die Ratification:
Münnich rief in unbeschreiblicher Wuth und unter schwe-
ren Lästerungen gegen Oestrcich aus Jassy, Chotzim,' Ot-
schakvw, Perekop seine Truppen zurück; Astow wurde
geschleift, und mitten durch die Stadt sollte die ncuaus-
geglichne Granze laufen.
Nicht Münnich allein sah seine Wünsche vereitelt:
der sonst unwiderstehliche Biron hatte kurz zuvor eine
gleich bittre Erfahrung gemacht; denn dem ösirckchischen
Gesandten Marquis di Botta war es gelungen, zwi¬
schen der jünger» Anna und dem Verwandten Karls VI.,
dem unansehnlichen, in geselligem Umgänge schüchternen,
übrigens tavfcrn Prinzen Anton Ulrich von Braun¬
schweig- Wolfenbüttel, ein Verlvbniß einzuleiten: am 14.
Juni 59 hatte die Trauung Statc; den 25. Aug. 1740
wurde der Großfürst Iwan geboren« Allein weder Iwans
Mutter noch sein Vater sollte nach einstimmigem Wunsch
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