Full text: Grundriß der Geschichte des Mittelalters (Bd. 2)

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ihrer Besitzungen verliehen und ihnen so den lebens, 
länglichen Genuß derselben zukommen ließen. Ein sol¬ 
ches , auf lebenslänglichen Genuß geliehenes Gut, 
nannte man anfangs beneficiuui, späterhin feudum 
Lehen, den Verkheiler Lehensherrn, den Empfän¬ 
ger Lehens mann oder Aasallen. Die Lehen verpflich¬ 
teten zu persönlicher Treue und persönlichen Diensten, 
besonders im Kriege, fie wurden anfangs nur auf Le¬ 
benszeit ertheilt, und fielen mit dem Lode des Vasallen 
wieder an den Lehensherrn zurück. Mir der Zeit gingen 
die Lehen aber auch auf die Nachkommen über, indem 
sie gleiche Verpflichtungen, wie die ersten Besitzer über¬ 
nahmen, und so wurden dw Dienstleistungen, die sonst 
an die Personen geknüpft waren, vom Gute selbst ab- 
hängig. Die Lehenkverhältnisse bildeten sich jetzt iminer 
weiter aus, und selbst die mindermächtigen, freien Grund- 
kigenthümer verwandtsten, um durch den Schuh eines 
mächtigen Lehensherrn sich ihr Eigenthum zu sichern, 
ihre Allodien in Lehen, welche übertragene Lehen 
sseucla oblata) genannt wurden. Hierin lag ein 
Hauptgrund, daß das Lehenswesen auch bei jenen ger¬ 
manischen Völkern Wurzel faßte, welche ihre ersten 
Wohnsitze nicht verlassen hatten, und daß sich die Lehen 
allmählig in erbliche Besttzthümer verwandelten. Die 
Lehen beschrankten sich in der Folge nicht bsos auf Län- 
dereien, sondern geistliche und weltliche Aemter, selbst 
Titel, Wappen, Leibeigne ;c. wurden als Leben aus- 
gegeben. Je fester sich das Lehensspstem gestaltete, um 
so mehr änderte stch die ursprüngliche Verfassung der 
Volker. Die meiste Gewalt, welche anfangs die Volks¬ 
versammlung aller Freien geübt hatte, ging allmählig 
in die Hände der Könige und der Großen geistlichen und 
weltlichen Standes über. Die Königewürde wurde 
meist erblich, der Hofstaat glänzender, und zahlreiche 
Beamten, worunter die Herzoge, Grafen, Pfalzgcasen 
und Markgrafen die vornehmsten ivaren, umgaben den 
Thron. Auf den Volksversammlungen erschienen die 
Freien mehr, um den Willen des Königes und der 
Großen zu vernehmen, als um selbst eine entscheidende 
Stimme zu geben. 
Die Völker, welche ihre Verfassung nach diesen 
Verhältnissen am meisten ausbildeten, waren die Longo«
	        
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