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11. Die ersten Bündnisse der lutherisch gesinnten Fürsten.
Reichstag zu Sxcier (1529). — Protestanten. — Jetzt
war für den Kaiser der erwünschte Augenblick gekommen, auch
in Deutschland, das seiner so sehr bedurfte, mit Nachdruck
aufzutreten. Hier hatte sich unterdessen der Strom der inneren
Gährung durch alle Provinzen fortgewälzt. Mehrere Fürsten
hatten schon öffentlich die neue Lehre in ihre Staaten einge-
sührt. Der eifrigste unter ihnen war der junge Landgraf
von Hessen, Philipp der Großmüthige. Um allen mög¬
lichen Gefahren, die nunmehr über sie einbrechen könnten, zur
rechten Zeit zu begegnen, drang er auf ein Vertheidiguugs-
Bündniß. Dieses wurde im Jahre 1526 zu Torgau von
mehreren Fürsten und Grafen geschlossen. Der Kaiser, da¬
mals im Kriege mit Franz I., konnte den Wunsch der Ka¬
tholiken, die Religionsstreitigkeiten beizulegen, selbst nicht er¬
füllen. Da eröffnete sein Bruder Ferdinand, den er zu seinem
Stellvertreter ernannt hatte, im Jahre 1529 einen Reichstag
zu Speier. Auf diesem wurde von der Mehrzahl der Reichs-
stande beschlossen: die Lutheraner sollten sich bis zu einer all¬
gemeinen Kirchenversammlung aller ferneren Neuerungen ent¬
halten. Gegen diesen Beschluß protestirten die Anhänger der
Reformation feierlich und erhielten davon den nachher in Ge¬
brauch gekommenen Namen Protestanten.
Augsburger Llmsifgon (1530). — Im folgenden Jahre
1530*) kam endlich der Kaiser selbst, nach neunjähriger Ab¬
wesenheit, zum großen Reichstage in Augsburg. Auf demselben
überreichten die Protestanten ihr von Melanchthon mit schonender
Nachgiebigkeit abgefaßtes Glaubensbekenntniß in acht und
zwanzig Artikeln, — welches daher die Augsburger Con-
fessio n genannt wird — damit hieraus genau ersehen werden
könne, in wie fern die neue Lehre von der katholischen ab¬
*) In demselben Jahre erfand der Bürgermeister Steinmetz Jür¬
gens zu Wattenbüttel bei Braunschweig das Spinnrad, und sein Haus
heißt noch jetzt hievon das Spinnrad.