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nicht aufgelöst; wie konnte ihr Gemahl neben der ersten
Gemahlin noch eine zweite heirathen? Nach den Grund¬
sätzen der griechischen Kirche schien das unmöglich; aber
es war nur allzugewiß. Die Geistlichen und das Volk
murrten darüber; aber Peter war allgewaltig, und Eu-
doria mußte sich in ihr Schicksal fügen. Es war um
so grausamer, da sich ihr Sohn Alexei, dem der Vater
ohnehin schon ganz abgeneigt war, in der Gewalt einer
Stiefmutter, einer Nebenbuhlerin befand, die ihn vollends
zu stürzen, und ihren eigenen Prinzen auf den Thron zu
heben suchte.
So verflossen siebzehn Jahre. Alexei hatte sich
indessen vermählt und selbst einen Sohn gezeugt; je älter
er aber wurde, desto hoher stieg gegen ihn der Widerwille
des Vaters, der ihn als einen Pfaffenknecht haßte. Die
Gefahr wurde am Ende so groß, daß der Prinz sich sei«
nes Lebens nicht mehr für sicher hielt und, auf Anrathen
seiner Mutter und Freunde, aus dem Reiche entfloh. —
Seine Entweichung wurde von dem erbitterten Vater
als ein Staatsverbrechen, der Plan dazu als eine Ver¬
schwörung behandelt. Der Prinz mußte seine Flucht mit
dem Leben büßen; alle die Theil daran genommen Hal¬
len , wurden theils unter schauderhaften Qualen hingerich¬
tet, theils geknutet und ins Elend verwiesen.
Auch Eudoxia war, als Theilnehmerin der Ver¬
schwörung, dem Tode geweiht; da aber ihre Richter sich
standhaft weigerten, ihr das Leben abzusprechcn, so wurde
sie doch wenigstens zu einer scharfen Klosterzüchtigung
verurtheilt, die sie von zwei Schwestern auf den entblö߬
ten Rücken mit der gewöhnlichen Geißel erhielt. Sie
wurde auch in ein anderes Kloster an dem See Ladoga
versetzt, wo sie in einem schrecklichen Gefangniß, das kaum
vom Tageslicht ein wenig erhellt wurde, sechs Jahre