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Die Aufhebung des Edictö von Nantes.
(1685.)
Es möchte manchem, nach dem, was bisher
von Ludwig XIV. erzählt worden ist, schwer fal¬
len, sich diesen Monarchen als einen religiösen
Eiferer zu denken, und doch war er es nicht
allein, sondern dieser Eifer war der Charakter sei,
neS ganzen Zeitalters. Die Glaubenslehren der
katholischen Kirche galten jedem, der von Kind¬
heit auf darin erzogen worden war, für göttliche
Wahrheiten; jeder, der darall zweifelte, erregte
Grauen, und wer dre Kühnheit hatte, sich öffent¬
lich davon loszusagen, ward als ein Böscwtcht
angesehen, dem man keine Pflicht der Mensch¬
lichkeit schuldig sei. Dies war die Quelle des
fortwährenden Hasses der Protestanten oder Hu«
genotten. Richelieu, ganz frei von jeder religiö¬
sen Leidenschaft, hatte nur ihre Sicherheitsplähe
zerstört, weil es ihm politisch unstatthaft schien,
einen abgesonderten Staat im Staate zu dulden;
aber nachdem er ihnen ihre Furchtbarkeit geraubt
hatte, ließ er sie ruhig wohnen. Mazarin, der
an freier Einsicht nicht ganz so hoch als sein Vor¬
gänger stand, neckte sie schon mehr, aber Lud¬
wig XIV., der von Geistlichen erzogen worden
war, und nichts ohne Leidenschaftlichkeit thun
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