Full text: Bis zum Frieden von Campo Formio (Theil 11)

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einluden, schonungslos niedergehauen. Das ge¬ 
ringste Zeichen einer religiösen Handlung war ein 
TodeSverbrechen. Man war genothigt, ein Gebet¬ 
buch, ein Heiligenbild, ein Crucifix, eben so sorg¬ 
fältig in die Erde zu verscharren, als Räuber ih¬ 
ren Raub vergraben; der, bei welchem man ein 
Weihwastergefäß gefunden hätte, wäre verloren ge¬ 
wesen. *) Zu Arras wurde eine sechzigjährige 
Person bloß darum hingerichtet, weil sie gebe¬ 
tet hatte. **) 
Aber dieser Gräuel der Verwüstung sollte noch 
durch den größern eines neuen Gottesdienstes in 
Schatten gestellt werden. Die Zerstörer des christ¬ 
lichen Kirchenthums erfanden den Cultuö der Ver¬ 
nunft, und feierten denselben zum erstenmal am 
10. November 1793 in der Kirche Notre Dame. 
Eine berüchtigte Buhlerin ward halbnackt als Göt¬ 
tin der Vernunft auf einem Triumphwagen nach 
dem Altäre gefahren, und auf demselben mit Hym¬ 
nen und Raucherungen verehrt. Dann ging der 
Zug unter Chaumette's Anführung in den Natio¬ 
nalconvent; es waren Jakobiner mit rochen Müz- 
zen und ehrlose Weiber mit Blumen und dreifar¬ 
bigen Bändern geschmückt; die patriotischen Lieder, 
welche sie sangen, wurden von verschiedenen Mu- 
*) LaHaipe, sur le fanatisme dans la langue révolutio- 
naire p. 12. 68. 
**) Journal „Frankreich" 1801 St. 9. S. 73. Sonderbar 
genug traf diese Veriolgung ansangs nur die katholischen Kir- 
chen, die protestantischen wurdcn bis zum Juni des solgenden 
Jahres gediildet.
	        
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