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fcem Vitiges ein anderer Versuch. Er bewegte
nämlich durch eine Gesandschaft den König Chos-
roes von Persien zum Friedensbruch mit dem
Kaiser, und unterbandelte dann mit Justinian
selbst, ohne Belssars Vorwissen. Als nun Veli-
t sar vor Ravenna rückte, um dem Kriege ein
Ende zu machen, kamen Gesandte mit Friedens-
bedingungen aus Constanrmopel an. Belisar rase-
te, als er es erfuhr; er stellte vor, dem Kaiser
müsse übel gerathen worden seyn, man fey ja
nahe daran, ganz Italien zu besitzen. Die Ver¬
handlungen gingen demnach wieder zurück, und
die Belagerung Ravenna's ward fortgesetzt.
Die Gothen, an Rettung verzweifelnd und
auch dem Vitiges nicht mehr vertrauend, verfie¬
len jetzt auf einen seltsamen Entschluß. Sie ver¬
sprachen heimlich dem Velisariuö, ihn zum Kö¬
nig von Italien anzuerkennen, wenn er sich mit
seinen Truppen zu ihnen schlagen und seinem
Kaiser untreu werden wolle. Welche Versuchung!
Der große Mann widerstand ihr muthig, heu¬
chelte aber listig Untreue, und ward nun ohne
Schwerdtstreich in das ausgehungerte Ravenna
eingelassen (Jan. 542). „Als ich, sagt Proco-
pius, das römische Heer in die Stadt einziehen
sah, wurde mir der Gedanke recht lebhaft, daß
doch nicht Kraft, nicht Menge der Menschen
über die Begebenheiten entscheide, sondern daß
ein höherer Lenker die Ausgänge herbeiführe.