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9. „Villkommen“, ruft vom hohen Stein
der blinde Greis hinab,
„nun wird mein Alter wonnig sein
und ehrenvoll mein Grab.
Du legst mir, Sohn, zur Seite
das Schwert von gutem Klang;
Gunilde, du Befreite,
singst mir den Grabgesang!“
28. und 24. August 1804, umgearbeitet 6. Dezember 1814.
50. Sprũche und Sprichwörter.
1. Liebe macht stark.
Unrecht und Gewalt
finden stets ein Halt.
Wie die Saat, so die Ernte.
4. Wie die Tat, so der Lohn.
5. Hochmut kommt vor dem Falle.
b. Wenn die Not am größten, ist die Hilfe am nächsten.
51. Ein schönes Erbteil.
Nikolai Fries.*
Gesammelte Ahren. Rostock. 1897. 8. 79.
1. Die alte Witwe Meta Holm war sehr reich, aber auch
sehr geizig. Darum hatte sie es ihrem Brudersohn, Hans JFalk,
nie verziehen, daß er eine arme Schusterstochter geheiratet, da er
doch als ihr einziger Erbe leicht hätte eine reiche Frau kriegen
können. Der Hans aber hatte eine liebe, stille und fromme Frau
heimgeführt, und beide hatten einen sehr glücklichen Ehestand mit—
einander geführt in aller Gottseligkeit und Ehrbarkeit. Kurz war
dieses Gluͤck freilich nur gewesen, denn nach drei Jahren schon
ward Hans von einer hißigen Krankheit dahingerafft und ließ
seine arme Frau mit einem kleinen herzigen Mägdlein von zwei
Jahren in tiefem Kummer und bitterer Not zurück.
2. Die Leute sagten, nun werde doch gewiß der alten Holmen
das harte Herz weich werden, daß sie sich der Witwe und ihres
Kindes erbarme. Aber das geschah nicht; die beiden mußten sehen,
wie sie sich durchschlugen. Das ging denn auch, weil die Frau
sehr fleißig und spärsam war, well älle Leute sie gern hatten und
ihr jeden Verdienst gönnten, und allermeist, weil der liebe Herrgott
ein Vater ist über allem, was da Witwen und Waisen heißt hier
auf Erden.