29. Untergang des Longobardenreiches.
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29. Untergang des Longobardenreiches.
(Nach George Phillips, deutsche Geschichte.)
In Italien ward Karlmann's Söhnen eine gastliche Aufnahme zu
Theil und Desiderius, König der Langobarden, forderte auch von Papst
Hadrian I., er solle sie zu Königen krönen. Diesem Begehren zu
willfahren, weigerte sich der Papst auf das Entschiedenste, und das um
so mehr, als eben damals Desiderius von Neuem die Waffen gegen
Rom erhoben hatte. Hier hatten sich seit dem Tode Paulus I. zwei
Parteien des Adels um die Besetzung des päpstlichen Stuhles gestritten.
Dem Siege der einen, die man die longobardische nennen könnte, war
die Erhebung Stephan's III. (IV.) beizumessen; nach seinem Tode
(772) hatte der eben so weise als gelehrte Hadrian I. den Stuhl Petri
bestiegen. Er schloß sich an die fränkische Partei an, während Deside¬
rius sich der Patrimonien der römischen Kirche bemächtigte, um sich für
die von ihm früher mit Heeresmacht bewirkte Ueberwältigung der frän¬
kischen Partei zu entschädigen. Da nun Hadrian gegen den longobardisch
gesinnten Adel feindlich verfuhr, so rückte Desiderius mit einem Heere
gegen Rom vor, wenig besorgt vor dem fernen Schirmvogte der Kirche,
der auf einem Feldzuge gegen die heidnischen Sachsen begriffen war.
In der Zwischenzeit hatte jedoch Hadrian den König der Franken von
der dem heiligen Stuhle drohenden Gefahr in Kenntniß gesetzt und so¬
fort war bei Karl der Entschluß gefaßt, der Kirche zu Hülfe zu eilen
(773) . Er selbst führte ein Heer über den Mont Cenis, sein Oheim
Bernhard ein anderes über den nach ihm benannten Bernhardsberg.
Die Langobarden waren indeß auf die Ankunft der Franken vorbereitet
und hatten die Engpässe besetzt. Aber Karl umging die longobardischen
Besatzungen und bald war ganz Oberitalien sein; nur Verona noch und
Pavia leisteten Widerstand; hier wehrte sich Desiderius, dort Adelchis,
sein Sohn, mit den letzten Ueberresten des aufgelös'ten Longobarden-
heeres. Während die Franken jene beiden Vesten belagerten, zog Karl,
von Getreuen umgeben, gen Rom, um an dem Grabe der heiligen Apo¬
stel Petrus und Paulus sein frommes Gebet zu verrichten. Hadrian,
hoch erfreut, den königlichen Gast in den Mauern der ersten Stadt der
Christenheit begrüßen zu können, empfing ihn mit großen Ehren; Karl
aber bestätigte dem Stuhle- Petri die vom Vater gemachte Schenkung,
Spoleto hinzufügend. Nicht lange mehr leisteten Verona und Pavia
Widerstand; Adelchis floh nach Byzanz, Desiderius aber mit seiner Ge¬
mahlin, so wie Karlmann's Witwe und Söhne wurden Karl's Gefan¬
gene. Da gab dieser sich selbst den Titel eines Königs der Longobar-
den oder auch Königs von Italien, und der Adel des neuen Reiches
schwur ihm den Eid der Hulde.
Karl zog dann heim, um den Kampf gegen die Sachsen fortzuführen,
doch bald sah Longobardien ihn wieder. Viele vom Adel hatten hier
Adelchis, dem flüchtigen Kriegssohne, von Neuem den Weg zum Throne
Pütz, Histor. Darstell, u. Charakteristiken. II. 9