41. Heinrich I.
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getreulich. Die Herrschaft, auf die er nach der Sitte wohl Ansprüche
hätte erheben können, wies er von sich, und wie einst Otto auf Kon-
rad, so wandte er jetzt die Blicke der fränkischen Großen auf Heinrich
den Sachsen. Am Eingänge der Geschichte des deutschen Reiches stehen
so zwei Männer bei einander, die der Krone entsagten; keine andere Ge-
schichte hat Gleiches aufzuweisen. Hatte schon Konrad's Wahl vornehm¬
lich auf dem Zusammenhalten der Franken und Sachsen beruht, so
wurde Heinrich einzig und allein durch diese Stämme erwählt. Sie
allein, die an der Einheit des Reiches noch festhielten, traten zu Fritz¬
lar an der Eder in Hessen, an der Grenze ihrer Länder, zur Wahl
zusammen, und hier rief Eberhard, unter dem die Franken erschienen
waren, Heinrich vor allem Volk als König der Franken und Sachsen
aus. Baiern und Schwaben hatten sich für den Augenblick ganz vom
Reiche getrennt; dort waltete Arnulf, hier Herzog Burchard, mit freier
Gewalt; Lothringen war noch immer mit dem Reiche der Westfranken
verbunden.
Sobald aber Heinrich einen verheerenden Einfall der Ungarn im
ersten Jahre seiner Regierung überstanden hatte, ließ er sein erstes Ge¬
schäft sein, alle Stämme, welche einst dem Ostfrankenreiche angehört
hatten, zur Anerkennung seiner Oberherrschaft zu bringen. Zuerst wandte
er sich, von einem Vasallenheere begleitet, gegen Schwaben. Herzog
Burchard übergab sich, alle seine Städte und Burgen, wie sein ganzes
Volk, dem Könige, der ihm dagegen die herzogliche Gewalt in Schwa¬
ben in ihrem ganzen Umfange übertrug. Im folgenden J.(920) wandte
er sich gegen Baiern. Arnulf hatte bei Regeusbnrg sein Heer ge¬
sammelt. Als Heinrich hcranrückte, um die Stadt zu belagern, zog er
ihm kampfgerüstet entgegen. Aber Heinrich wollte nicht Krieg, sondern
Frieden, und schlug Arnulf eine Zusammenkunft vor, Aug' in Auge
wollten sie selbst ihre Sache verhandeln. Da meinte Arnulf, ein Ein¬
zelkampf solle zwischen ihm und dem Könige entscheiden, und tapfer,
wie er war, hieß er das Heer in die Stadt zurückziehen und stellte sich
selbst in Waffen zur bestimmten Zeit an dem bezeichneten Orte. Hier
traf er auf Heinrich, der aber nicht mit Waffen, sondern mit versöhn¬
licher Rede ihm begegnete. „Was widerstrebst du Gotteö Gebot?"
sprach er. „Sein Wille ist es, daß mich das Volk zum Könige er¬
wählt hat. Hätte das Volk dich auf den Thron erhoben, Niemand
hätte dies lieber gesehen, als ich. Weßhalb willst du um deines Ehr¬
geizes Willen das Blut so vieler Christen vergießen?" Da wurde Ar¬
nulf nachdenklich, er begab sich zu den Seinen zurück, und ging mit
ihnen zu Rathe. Sie riethen ihm, er solle sich Heinrich unterwerfen.
Arnulf folgte dem Rathe der Seinen und wurde des Königs Vasall.
Die Lande bis zum Rheine waren wieder verbunden, das Reich
war hergestellt in dem Umfange, wie es Ludwig der Deutsche einst bei
der Theilung zu Verdun erhalten hatte; aber noch fehlte Lothrin¬
gen, das später mit gutem Recht erworben und erst unter Konrad dem
östlichen Reiche entrissen war. Auch hierauf richtete Heinrich sofort