Full text: Die Geschichte des Mittelalters (Bd. 2)

46. Konrad II. 
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die Dauer der Heerfahrt, daß sie nicht über die Gebühr ausgedehnt 
werde, scheint nach und nach ein gewisses Herkommen sich gebildet zu 
haben. Konrad II. fand es nun an der Zeit, ein allgemeines Reichs¬ 
gesetz aufzustellen. In Ansehung der Zeit zur Romfahrt, sei es zur 
Krönung oder sonst zu des Reiches Nutzen oder Ehre, soll nach diesem 
Gesetz das Aufgebot ein Jahr und sechs Wochen zuvor an alle Reichs¬ 
getreuen ergehen. In der Regel sollte der Reichsdienst sechs Wochen 
auf eigene Kosten dauern, für weitere Zeit war der Dienstherr die Un¬ 
terhaltung zu geben schuldig. Mit diesem Gesetze hängt ein zweites 
zusammen, das die niederen Vasallen gegen die großen begünstigt, zur 
Erhebung der Kaisergewalt. Erblichkeit der Lehen war schon 
lange der allgemeine Wunsch und sprach sich in dieser Zeit so laut aus, 
daß Konrad II. nichts Anderes mehr thun konnte, als die Sache zu 
Gunsten des Thrones zu lenken, und so kam vor Mailand folgende 
Constitution zu Stande: Keinem Vasallen der Bischöfe, Aebte, Grafen und 
Markgrafen, keinem, der Reichs- oder Kirchengüter zu Lehen hat, können 
solche entzogen werden, wenn er nicht (wegen Verbrechen) vor seines Gleichen 
derselben verlustig erklärt worden. Von diesem Gerichte kann der grö¬ 
ßere Vasall an den König, der kleinere an den königlichen Abgeordneten 
appelliren. Die Lehen erben vom Vater auf den Sohn, vom Bruder 
auf den Bruder. Der Lehnsherr soll das Lehen ohne Einwilligung 
des Vasallen nicht veräußern. Diese Verordnung ist bis auf den heu¬ 
tigen Tag die Grundlage des geschriebenen Lehensrechtes. Konrad II. 
war überzeugt, daß er den Weg gesunden, die übermüthigen Großen zu 
demüthigen. Er befreite die Vasallen von ihrer Willkür. 
Für die Kirche hat Konrad II. wenig gethan, daher sich bald be¬ 
deutende Gebrechen zeigen. Der Staat und die Erhebung der könig¬ 
lichen Gewalt blieb sein Hauptaugenmerk. Wenn er die weltliche Macht 
der Bischöfe vermehrte, so geschah es wieder zu demselben Zwecke, um 
dem Throne eine mächtige Partei gegen die Laienfürsten zu gewinnen. 
Unter den Gebrechen der Kirche offenbarte sich zuerst unter seiner Re¬ 
gierung als allgemein gewordener Mißbrauch die Simonie oder der 
Kauf geistlicher Würden. Wie die meisten, hat auch dieser Mißbrauch 
sich unbemerkt eingeschlichen. Nach altgermanischer Sitte gab und em¬ 
pfing von jeher der König Geschenke an festlichen Tagen. Wenn ein 
Abt oder Bischof mit Ring und Stab belehnt wurde, so kam er schwer¬ 
lich, ohne dem Könige oder seinen Räthen sich dankbar zu erweisen. 
Aber allmählich wurde es Sitte, daß die Räthe schon vor der Verlei¬ 
hung ^ mit dem Bewerber förmlich um eine bestimmte Summe Geldes 
übereinkamen. Da Konrad II. keine großen Erbgüter mit auf den 
Thron brachte, und die ordentlichen Reichseinkünfte nicht immer zurei¬ 
chend waren, während er selbst auch, besonders in den burgundischen 
und italischen Angelegenheiten Vieles spenden mußte, so erlaubte er sich, 
von den neuen Aebten und Bischöfen große Summen Geldes anzuneh¬ 
men. Sein Sohn und Nachfolger Heinrich III. hat dies selbst öffent¬ 
lich zugestanden. 
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