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Dritter Zeitraum des Mittelalters: ] 096—1273.
Entstehung hatten die Ritter nicht allein manches Gut, sondern auch
einen so großen Ruf erworben, daß sie König Balduin dem Papste
Honorius II. empfahl, und der überall thätige Bernhard von Clairvaux
ihr lauter Bertheidiger und Lobredner ward. Ohne Schwierigkeit er¬
hielten sie daher ans der Kirchcnvcrsammlung von Trohes 1128 die
Bestätigung ihres Ordens und eine geistliche Kleidung, welcher Papst
Eugenius III. später einen weißen, mit einem einfachen rothen Kreuze
bezeichneten Mantel hinzufügte. Die weiße Farbe deutete ihre eigene
Unschuld an und ihre Milde für die Christen, die rothe hingegen den
blutigen Martyrcrtod und die Feindschaft gegen die Ungläubigen. Das
Siegel des Ordens, zwei Ritter auf einem Pferde, erinnerte wohl an
die anfängliche Armuth und Einigkeit; und die Inschrift des schwarz
und weiß getheilten Banners forderte zur Dcmnth auf: „Nicht uns,
Herr, nicht uns, sondern deinem Namen gebührt die Ehre!"
An der Spitze der Ritterschaft des Tempels stand der (durch mehr¬
fach indirectc Wahl) gewühlte Großmeister, aber keineswegs mit so un¬
bedingten Rechten, als in der Regel der Abt eines Klosters, oder der
Obere eines Mönchsordens. Die Templer waren dem Großmeister
zwar Gehorsam schuldig, aber die Mehrheit der Stimmen im Rathc
entschied auch gegen ihn. Er durfte ohne dessen Zuziehung keine hohen
Ordensbeamten ernennen, keine Grundstücke veräußern, nicht über Krieg
oder Frieden beschließen, nicht große Summen anleihen oder ähnliche
wichtige Dinge vornehmen. Dennoch blieb ihm sehr großer Einfluß:
er hatte den äußeren Rang eines Fürsten, vertheilte die Pferde und
Waffen, besetzte die niederen Würden und Ordenspfründcn, wühlte die
außer den höheren Ordensbcamten in den Rath aufzunchmenden Ritter,
übte eine sehr große Gerichtsbarkeit über die zum Orden gehörigen
Geistlichen, war Bevollmächtigter des Papstes in Beziehung auf die
Templer, hatte die Aufsicht des Schatzes u. s. w.
Außer den (adeligen) Rittern gehörten zum Orden aus dem Bür¬
gerstande die Geistlichen und Capclläne und die dienenden Brüder. Die
letzteren zerfielen wiederum in zwei Abtheilungen, die gcehrteren Waf¬
fenbrüder und die Handwerksbrüder. Jene bildeten eigene Schaaren
im Kriege, erhielten mehrere niedere Aemter, selbst Priorate und hatten
dann Sitz und Stimme in der allgemeinen Ordcnsversammlung; ja
vier der Wähler des Großmeisters mußten aus ihrer Mitte genommen
sein. Die Handwerksbrüder, welche die Gewerbe und häuslichen Ge¬
schäfte des Ordens trieben, standen natürlich in geringerem Ansehen,
erhielten aber doch, durch das Anschließen an eine so großartige und
großgesinnte Körperschaft, eine solche Stellung und Bedeutung, wie sie
der Einzelne in jenen Zeiten sonst zu erwerben nicht im Stande war.
Die hohen Würden im Orden waren, mit Ausnahme der Visita¬
toren, wohl lebenswierig: der Seneschall vertrat in der Abwesenheit
des Meisters seine Stelle, der Marschall stand an der Spitze des
Kriegswesens, der Comthur des Königreichs Jerusalem war Schatzmei¬
ster, vertheilte die Wohnungen und hatte die Aufsicht über die Güter