70. Der deutsche Orden.
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den zehnten. Darüber war aber doch der Winter herbeigekommen und
der gefangene Fürst machte seinem gedrückten Herzen in unwilligen Ver¬
sen Lust:
Freund' Hab' ich viel, doch sind die Gaben klein,
Schmach ihnen, daß um Lösgeld ich allein
Zwei Winter lieg' in Haft.
70. Der deutsche Orden.
(Nach Joh. Voigt, Geschichte Preußens.)
Schon hatten sich die beiden Ritterorden der Johanniter und der
Templer in ihrer eigenthümlichen Verfassung für Krankenpflege und
ritterlichen Kampf ziemlich ausgebildet, als ums Jahr 1128 ein from¬
mer Deutscher, tief gerührt vom jammervollen Elende der Pilgrime
seines Volkes, aus seiner Habe in Jerusalem ein Pilgerhaus erbauen
ließ und es der Pflege der erkrankten Deutschen widmete. Man nannte
es bald das deutsche Haus, das deutsche Hospital zu Jerusalem; es
war die erste Wiege des deutschen Ordens. Mit einem Bethause ver¬
sehen und unter den Schutz der Jungfrau Maria gestellt, erweiterte sich
bald sein Umfang und seine Wirksamkeit in der vermehrten Zahl der
Pilgrime und derer, die sie pflegten. Durch einen weißen Mantel sich
vor den übrigen deutschen Pilgern auszeichuend, nannten sie sich Brü¬
der des St.-Marien-Hospitals zu Jerusalem. Die Regel des heiligen
Augustinus bestimmte ihre Lebensweise. Da bald auch deutsche Ritter
und andere Edle aus deutschen Landen in den Brüderverein eintretend
zur Zeit dringender Roth das Schwert zur Vertheidigung des heiligen
Landes ergriffen, so näherten sich die deutschen Brüder in ihrer Bestim¬
mung und Wirksamkeit mehr und mehr den Orden der Templer und
Johanniter, und diese wurden ihnen Vorbild und Muster in ihrer Lebens¬
weise und ihren Pflichten. Bald wurde ihnen auch höhere Gunst zu
Theil. Kaiser Friedrich I. unterstützte das milde Hospital durch Ge¬
schenke zur Erweiterung seiner Wirksamkeit. Der Papst Cölestin II.
stellte cs unter die Aufsicht und Obhut des Großmeisters des Johan¬
niterordens. Fast 60 Jahre wirkte so die fromme Stiftung des deut¬
schen Vrüdcrvereins zur Linderung menschlichen Elendes fort, von der
Geschichte der Zeit in ihrem stillen Leben kaum beachtet, als mit dem
Verluste der heiligen Stadt an Saladin, auch ihr der Untergang drohte.
Zwar durften die Hospitalbrüder auf Saladin's Erlaubniß auch ferner¬
hin in Jerusalem verweilen, so lange noch die Pflege und Wartung der
Kranken und Unglücklichen dort ihre Gegenwart verlangten; allein der
größere Theil verließ mit den übrigen Christen die heilige Stadt, um
fortan mit dem Schwerte die Sache Christi zu vertheidigen.
Sie lagen mit den Rittern des Tempel- und Johanuiterordens vor
Akkon, als Herzog Friedrich von Schwaben, Kaiser Friedrich's 1. Sohn,