87. Das Interregnum in Deutschland.
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Dieser, aller Hoffnung einer Aenderung des ungerechten Spruches
beraubt, umarmte seine Todesgenossen, besonders Friedrich von Oester¬
reich, zog dann sein Oberkleid aus und sagte, Arme und Augen gegen
Himmel hebend: „Jesus Christus, Herr aller Creaturen, König der
Ehren! Wenn dieser Kelch nicht vor mir vorübergehen soll, so befehle
ich meinen Geist in deiüe Hände!" Jetzt kniete er nieder, rief aber
dann noch einmal, sich emporrichtend, aus: „O Mutter, welches Leiden
bereite ich dir!" Nach diesen Worten empfing er den Todesstreich. Als
Friedrich von Oesterreich das Haupt seines Freundes fallen sah, schrie
er in unermeßlichem Schmerze so gewaltsam auf, daß Alle ansingeu, zu
weinen. Aber auch sein Haupt fiel. Die Leichen der Hingerichteten
wurden nicht in geweihter Erde begraben, sondern am Strande des
Meeres, oder, wie Andere erzählen, auf dem Kirchhofe der Juden ver¬
scharrt. Konradin's Mutter eilte nach Neapel, ihren Sohn zu lösen,
kam aber zu spat und erhielt bloß die Erlaubniß, eine Capelle über
seinem Grabe zu erbauen. Eine starke Säule von rothem Porphyr
und eine darüber erbaute Capelle bezeichnten Jahrhunderte lang die
Blutstelle, bis in unseren, gegen Lehren und Warnungen der Vorzeit
nur zu gleichgültigen Tagen die Säule weggebracht, die Capelle zerstört
und an ihrer Stelle ein Schenkhaus angelegt wurde!
Mit Konradin erlosch das in Italien fast heimische Geschlecht der
Hohenstaufen, in demselben Lande, welches sie der deutschen Heimat zu
deren unersetzlichem Schaden vorgezogen hatten!
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87. Das Interregnum in Deutschland.
(Nach Joh. Heinr. Karl Förster, Geschichte der Deutschen und der Grundzüge
.mtlach líopagrin ch.......W deutschen Rechts.)
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Wilhelm von Holland hatte nach Konrad's IV.'Tode in Deutsch¬
land weder an Ansehen, noch an Einfluß gewonnen. In Utrecht warf
ein Bürger einen Stein nach ihm; ein Graf Rittberg nahm im Jahre
1284' seine ,Gemahlin, eine braunschweigische Prinzessin, bei Oderheim,
unweit Worms, gefangen, beraubte sie 'ihrer Kleinode und führte sie
auf sein Schloß, worauf er sie wieder freiließ. In dieser trüben Zeit,
wo der König zu ohnmächtig war, das Recht zu schützen, traten mehr
als 6H meistens an den Rheinufern gelegene Städte, Mainz und Worms
an der Spitze, zum Schutze ihres Handels und zu gemeinsamer Hülfe
gegen Friedensbrecher zusammen, und' König Wilhelm bestätigte diesen
Bund^ gegen welchen viele Fürsten ergrimmt wären. Dies ivar wohl
die einzige verdienstliche Handlung während seiner Regierung.' In einer
Fehde mit der Gräfin Margaretha von Flandern, welche König Wilhelm
ihrer Lehen verlustig erklärte, hatten ihm die Westfriesen tapfern Bei¬
stand geleistet, waren aber schlecht belohnt worden. Sie fielen darauf
in Holland ein und der König zwang sie zu'einem jährlichen' Tributl