30. Portugals Größe und Verfall.
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Aufwand verleiteten und geeignet waren, nicht allein dem großen Ueber-
fluß starken Abbruch zu thun, sondern auch jene Strenge der alten ein¬
fachen Sitten, die Stütze der wahren Ehre, der häuslichen und öffent¬
lichen Wohlfahrt, zu untergraben und fast gänzlich zu verbannen. Die
natürliche und unausbleibliche Folge des außerordentlichen Zuströmeus
von Edelmetallen und Geldsummen war eine außerordentliche Steige¬
rung der Preise, sowohl der Natur- als der Kunsterzeugnisse, die um
so höher steigen mußten, je weiter die Gcwerbthätigkeit in Portugal
hinter den Bedürfnissen zurückblieb, und je mehr der Laudwirthschaft
fleißige Hände entzogen wurden durch die entzündete Leidenschaft für
das Seewesen, durch die lockende Aussicht, auf dem Meere sein Glück
zu machen und im fernen Indien mit Leichtigkeit Schätze zu heben.
Welche Schaaren von Portugiesen, Seeleute und Krieger, gerade die
kräftigsten Jünglinge und Männer, verlangten allein die königlichen
Flotten und Geschwader, welche regelinäßig nach Indien geschickt
wurden! Wie mußten die Werkstätten veröden! Konnten diese die
bisherigen Bedürfnisse kaum noch befriedigen, wie viel weniger die ver¬
vielfältigten, gesteigerten des vielbedürfligeu Wohllebens! Indiens Schätze
gingen bald großentheils nur durch die Hände der Portugiesen, um vom
Fleiß des Auslandes die feinern Maaren und Kunsterzeugnisse zu kaufen,
die der portugiesischen Ueppigkeit und Prachtlicbe bereits zum unent¬
behrlichen Bedürfniß wurden.
Unter Emanucl's Sohne, Johann III. (1521—1557), ward die In¬
quisition, wie sic in Spanien bestand, in Portugal und dessen asiatischen
und afrikanischen Besitzungen eingeführt und unter die obere Leitung
des jüngsten Bruders des Königs, des Cardinal-Jnfauteu Heinrich,
gestellt. Was der Portugiesen Unternehmungsgeist und Tapferkeit im
nordwestlichen Afrika gewonnen hatten, ging unter Johann III. zum
Theil wieder verloren, indem man mehrere der wichtigsten Punkte auf¬
gab, um die bisher zerstreuten Strcitkrüfte auf wenige Plätze zu con-
centriren.
Nach Johaun's III. Tode folgte ihm, da seine 6 Söhne alle vor
ihm gestorben waren, sein dreijähriger Enkel Sebastian (1557—1578)
unter der Regentschaft seiner Mutter Katharina, welche den Cardinal-
Jnfanten zum Beistand in Regierungsgeschäften annahm, demselben aber
seit 1562 die Regentschaft ganz überließ, bis der junge König im 14.
Lebensjahre die Regierung selbst antrat. Alsbald sann Sebastian nur
auf Krieg gegen die Ungläubigen, den seine Lehrer ihm stets als die
rühmlichste und verdienstlichste Thal eines Herrschers vorgestellt hatten.
Zuerst wollte er eine Kriegsfahrt nach Indien unternehmen, wurde
jedoch von diesem gewagten Unternehmen abgebracht, indem man ihm
einen näheren Feldzug nach Afrika vorschlug. Dort war Mulei Ma-
hommed, der Beherrscher der vereinigten Reiche von Fez und Marokko,
von seinem Oheim Mulei Moluk (in Algier) vertrieben worden und
suchte Hülfe zunächst bei Philipp II. von Spanien, und als diese nicht
erfolgte, bei Sebastian, dem er mit der Aussicht schmeichelte, daß er