Full text: Die Geschichte der neuern Zeit (Bd. 3)

36. Großbritannien unter Jakob I. 
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Anrede der Königin und Preisvertheilungen an die Krieger und See¬ 
leute folgte feierlicher Gottesdienst. 
Als Philipp durch Don Balthasar von Zuniga die erste Nachricht 
von dem grenzenlosen Unglücke bekam, verlor er die Fassung keineswegs, 
sondern sprach: „Ich habe die Flotte wider England, nicht wider des 
Meeres Ungestüm ausgerüstet und unterwerfe mich den Fügungen Got¬ 
tes." Alle protestantischen Mächte freuten sich über das Mißlingen der 
Unternehmung, denn nach Englands Fall hätten sie schwerlich auf 
die Dauer widerstanden. Vor Allen theilten die Holländer die Freude 
der Briten und schlugen Denkmünzen auf den Untergang der unüber¬ 
windlichen Flotte mit der Inschrift: veuit, ivit, Luit. Nie hat seitdem 
Spanien auf die europäischen Angelegenheiten wieder entscheidenden Ein¬ 
fluß gewonnen. 
36. Großbritannien unter Jakob I. 
(Nach Friedrich v. Raumer, Geschichte Europa's seit dem Ende des 15. Jahr¬ 
hunderts, und Leopold Rauke, englische Geschichte, bearbeitet vom Herausgeber.) 
In dem vom Parlamente bestätigten Testamente König Heinrich's 
VIII., welches Viele noch als die Grundlage des englischen Thronerb¬ 
rechtes betrachteten, waren die Nachkommen seiner an den König Jakob 
IV. von Schottland verheiratheten älteren Schwester Margarethe 
(S. 119) ganz mit Stillschweigen übergangen, und, nach Abgang eige¬ 
ner Nachkommen, die Krone den Erben seiner jüngeren Schwester, der 
Herzogin Marie Suffolk, zugesprochen. Deren Enkelinnen Katharine 
Gray und Eleonore Gräfin von Cumberlaud hätten demgemäß für sich 
und ihre Kinder Ansprüche machen und hervorheben können: Jakob VI. 
sei Mariens Sohn, ein Fremder und von verhaßtem Stamme. An¬ 
dererseits erschien diese, durch Nichts begründete Ausschließung der 
älteren Linie als eine von den vielen Willkürlichkeiten jenes Königs, und 
Jakob (welcher durch keine eigene Schuld seine Rechte verwirkt hatte) 
war zweifelsohne der nächste natürliche Erbe. Deßhalb gab auch Eli¬ 
sabeth (zur Anordnung der Erbfolge nicht minder berechtigt als Hein¬ 
rich VIII.) ihre Zustimmung zu seiner Erhebung. Manche sreuten°sich, 
daß England endlich wieder von einem Könige beherrscht werde, der im 
kräftigsten Lebensalter stehe (er zählte 36 Jahre) und durch mannich- 
sache Erfahrungen besser als die meisten Fürsten zum Herrschen er¬ 
zogen sei. Hierzu kam, daß jede Partei die ungewisse Zukunft zu 
eigenem Vortheil deutete und der besonderen Vorliebe des neuen Kö¬ 
nigs gewiß zu sein glaubte. So hofften z. B. die Katholiken auf 
mildere Behandlung und die Puritaner auf Einführung ihrer, zeither 
von Jakob bekannten, Lehre in England. 
Jakob entwarf den Plan einer völligen Einigung und Verschmelzung
	        
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