37. Karl I. und das englische Parlament. 219
Jakob von 1609—1620 (mit Ausnahme einer zweimonatlichen Sitzung
1614) kein Parlament berief und in den dreizehn letzten Jahren seiner
Regierung fast gar keine förderlichen Gesetze gegeben wurden, aus diesem
thörichten Stillstände erwuchsen großentheils die spateren, desto heftigeren
Bewegungen.
Der französische Gesandte Beaumout schrieb über die damaligen
Verhältnisse seinem Hofe: „Ich kann Ew. Majestät versichern, daß Sie
eher Grund haben, König Jakob's verkehrtes Benehmen zu bemitleiden
und seinen Untergang zu ahnen, als seine Macht zu fürchten. Der
Muth der Engländer ist in der Gruft der Elisabeth mit begraben.
Wie muß der Staat und die Lage eines Fürsten beschaffen sein, den
die Prediger öffentlich ans der Kanzel heruntermachen, den die Stadt¬
komödianten aus der Bühne darstellen, dessen Frau diesen Schauspielen
beiwohnt, um ihn auszulachen, dem das Parlament trotzt und ihn ver¬
achtet, und der allgemein von seinem ganzen Volke gehaßt wird? Seine
Laster schwächen seinen Geist; wo er als König sprechen will, fährt er
zu wie ein Tyrann, und wo er sich herablüßt, wird er gemein. Nichts
geschieht hier nach Regel und Vernunft, sondern nach dem Belieben
des Herzogs von Buckingham, dieses jungen, unwissenden, durch Guust
verblendeten, durch Leidenschaft fortgerissenen Menschen. Die aller-
wichtigsten und dringendsten Angelegenheiten können diesen König nicht
dahin bringen, ihnen nur einen Tag, ja, auch nur eine Stunde zu
weihen oder seinen Vergnügungen abzubrechen." Hiermit übereinstim¬
mend äußert Lord Littleton: König Jakob besaß weder Muth, noch Ge¬
schicklichkeit, noch Gewandtheit und ward gleichmäßig verachtet im Jn-
lande und Auslande. Gewiß erschien sein Tod (er starb den 6. April
1625, im 59. Jahre seines Alters) den Meisten als ein Glück, und
Wenige ahnten, daß die unvertilgbaren Keime größerer Umwälzungen
bald mit verdoppelter Kraft hervordringen würden.
37. Karl I. und das englische Parlament.
(Nach Thomas Babington Macaul ay, die Geschichte Englands, und Friedr.
v. Raumer, Geschichte Europa's, bearbeitet vom Herausgeber.)
Karl I. zählte bei seiner Thronbesteigung, gleich wie die Königin
Elisabeth, 25 Jahre. In seiner ersten Jugend war er schwächlich und
eigensinnig, stärkte aber später seinen Körper durch Mäßigung, und
erwarb allmählich viel Geschicklichkeit in Leibesübungen. Er las und
redete mehrere Sprachen, besaß Kenntnisse in der Geschichte, Theologie
und Mathematik, und zeigte Geschmack für alle schönen Künste. Ob¬
gleich Karl in Schottland geboren war, betrachteten ihn die Engländer
wie einen Einheimischen, und sein würdiger Ernst mußte gefallen im
Vergleich mit dem Geschwätze Jakob's und dessen Vorliebe für un-