Full text: Die Geschichte der neuern Zeit (Bd. 3)

39. Der dreißigjährige Krieg bis zum Tode Gustav Adolfs. 259 
Tilly sicherte den Unglücklichen nochmals Gnade zu und ließ Brod 
unter sie austheilen. Er stellte die Ordnung wieder her und verbot 
streng, den Einwohnern irgend Leids zuzufügen. Die Frage, wer das 
erste Haus in Magdeburg in Brand gesteckt, wird ewig unentschieden 
bleiben. Pappenheim erwähnt, daß Minen aufgeflogen sind. Diese 
konnten unmöglich von den Kaiserlichen in Magdeburg angelegt sein, 
sondern von den Bürgern. Ob Falkenberg den Bürgern den Rath 
gegeben, die Stadt in Brand zu stecken, wie dies im gedruckten Bericht 
angegeben wird, bleibt ungewiß. Wenn er es gethan, so war es seiner¬ 
seits nicht unrecht, denn es konnte den Kaiserlichen damals kein em¬ 
pfindlicherer Streich versetzt werden, als die Zerstörung einer Stadt, die 
sie zum Stützpnnctc ihrer Operationen machen wollten. Niemanden traf 
die Katastrophe Magdeburgs so gewaltig, als den König von Schweden. 
Allgemein wurde er beschuldigt, die Stadt Preis gegeben zu haben. 
Es unterliegt keiner Frage, daß Gustav Adolf durch rasches Vorrücken 
Magdeburg gerettet haben würde. Der König sah sich gezwungen, zu 
seiner eigenen Rechtfertigung ein Manifest zu erlassen. In diesem 
wälzte er alle Schuld auf die Kurfürsten von Brandenburg und 
Sachsen; Brandenburg habe ihm Spandau zu spät geöffnet, Sachsen 
ihm Wittenberg gänzlich verschlossen. 
Außer dem allgemeinen Mißtrauen, welches durch den Fall Magde¬ 
burgs bei den Protestanten gegen den König entstand, ergab sich noch 
ein anderer unmittelbarer Nachtheil. Der Kurfürst von Brandenburg 
verlangte jetzt die Rückgabe von Spandau, welches er dem Könige nur 
bis zum Entsatz von Magdeburg eingeräumt hatte. Hier aber half 
sich Gustav Adolf schnell; er gab zwar Spandau zurück, zog aber mit 
dem Heere nach Berlin und drohte mit Gewalt, falls der Kurfürst 
nicht ein Bündniß mit ihm eingehen wollte. Dies wirkte, der Kur¬ 
fürst verpflichtete sich, dem Könige monatlich 30,000 Thlr. zu zahlen, 
überließ ihm Spandau neuerdings und versprach, den Schweden auch 
Küstrin zu überlassen, sobald es der König begehren werde. Der Kur¬ 
fürst von Brandenburg entschuldigte sich deßhalb beim Kaiser, daß er 
sich nur aus Noth und weil er ganz von dem Kaiser verlassen sei, 
mit dem Könige von Schweden habe verständigen müssen. 
Bald nachher brach Tilly in das Kurfürstenthum Sachsen ein, be¬ 
setzte Merseburg, Naumburg, Weißenfels, Zeitz und lagerte vor dem 
befestigten Leipzig; 200 Dörfer loderten in Flammen auf. Zu spät 
erhielt er ein abmahnendes Schreiben vom Kurfürsten von Baiern, 
den Frieden mit Sachsen um jeden Preis zu erhalten. Weise vor¬ 
aussehend, schrieb der Kurfürst: „Der Uebertritt Sachsens auf schwe¬ 
dische Seite werde dem Kriege eine neue Gestalt und unübersehbare 
Dauer verleihen." Als dieses Schreiben ausgefertigt wurde, hatte sich 
der Kurfürst von Sachsen schon Gustav Adolf's rettenden Armen vertraut. 
Das sächsische Heer vereinigte sich mit dem schwedischen bei Düben. 
Der bisher unentschlossene Kurfürst fühlte nun Heldenmuth in sich, weil 
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