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3. Columbus.
zu mieten, und dazu fand sich erst Gelegenheit im Frühjahre 1504.
Unterdessen sielen die Gestrandeten, von Fieber und Elend heimgesucht,
mit der Leichtgläubigkeit von Verzweifelnden auf den abenteuerlichen
Verdacht, der Admiral wolle sie als Pflanzer auf Jamaica festhalten
und habe dem Fiesco heimlich befohlen, nicht wiederzukehren. Ein
Versuch der Verschwornen, d. h. beinahe sämmtlicher noch gesunder
Matrosen, auf indianischen Barken nach Haiti zu segeln, mußte wegen
des schlechten Wetters aufgegeben werden. Bald nachher hörten die
Eingcbornen auf, Lebensmittel zu liefern, sei es aus Mangel oder weil
sie über die Ungebühr der Verschworenen erbittert waren. Da half
sich Colon mit der listigen Drohung, daß sie bald die Zeichen des
Zornes am Himmel sehen würden. Als nun wirklich die ihm aus
dem Kalender bekannte Mondfinsterniß eintrat, bestürmten die Einge-
bornen ihn, den Grimm der Gottheit abzuwenden. Er verkündete ihnen
erst dann die Erhörung, als das Licht des Planeten wieder zunahm
und seitdem blieben die Lieferungen der abergläubischen Indianer nie
mehr aus. Mit dem von Mendez gemictheten Fahrzeug kehrte der
erkrankte Admiral nach Spanien zurück, kurz vor dem Tode der Königin
Jsabclla. Vergebens bestand er auf der Wiedereinsetzung in das Vice-
Königthum, bis der Tod ihn von den zunehmenden körperlichen Leiden
befreite. Am 21. Mai 1506 starb er in Vallodolid, ohne eine Ahnung
zu haben, daß er, wie seine Grabschrift im Carthäuser-Klostcr zu Sevilla
sagt, dem Reiche „Castilien und Leon eine neue Welt schenkte." Später
in den Dom von San Domingo übertragen, ruhen seine Gebeine seit
L796 in der Cathcdrale Habanas, wohin sie die Spanier nach Abtre¬
tung der Insel Haiti Mitnahmen.
Den Namen Amerika, d. h. Land des Amerigo, für den neuen
Erdtheil hat ein Deutscher, Martin Waldseemüller, der seinen Namen nach
der Unart seiner Zeitgenossen in Hylacomylus übersetzte, zuerst vorge-
schlagen *) in einer kleinen Abhandlung über mathematische Geographie,
die er seiner lateinischen Ausgabe der „vier Schifffahrten des (Amerigo)
Vespucci" vorangehen ließ. Dieser Florentiner hatte zweimal Brasilien
besucht und nannte selbst die von ihm geschilderten Länder die neue
Welt. Auch erscheint der Name Amerika auf den ältesten gedruckten
Karten (1520 und 1522) nur auf die brasilianische Küste beschränkt
und entweder mit dem Zusatze „Provincia“ oder „America vel Bra¬
silia sive Papagalli terra (Papageienland)". Zu der schnellen Ver¬
breitung des Namens mag aber die dem Gehör gefällige Form und
eine gewisse Lautsymmetrie zu den Namen der andern Wcltthcile wesent¬
lich beigetragen haben.
*) Quarta orbis pars, quam, quia Americus invenit, Amerigen, quasi A me-
rici terram, sive Americani nuncupare licet.