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6. Dic Eroberung Mexiko's. Ferdinand Cortez.
Hagel von Steinen und Pfeilen flog gegen den unglücklichen König,
den man laut einen Verräther nannte; von zwei Pfcilschüssen verwundet
und von einem Steinwnrfe am Kopfe getroffen, sank er zu Boden. Als
er wieder zur Besinnung kam, riß er in Verzweiflung den Verband
von seinen Wunden, verschmähte alle Nahrung und starb nach wenigen
Tagen, wahrscheinlich am 13. Juni 1520. Mit verzweifelter Tapfer¬
keit setzten indessen die Mexikaner den Kamps fort; sie stritten für ihre
Götter und ihr Vaterland, und endlich sah sich Cortez zum Abzüge
genöthigt. In größter Stille zog er in der Nacht des 1. Juli über
den Danun, welcher Mexiko mit dem Festlande verband. Aber plötz¬
lich sah er sich von allen Seiten angegriffen; der ganze See wimmelte
von Nachen; ein dichter Hagel von Pfeilen und Steinen flog auf die
Spanier herab. Diele wurden erschlagen, viele ertranken, andere ge-
riethen lebend in die Gewalt der Mexikaner und wurden den Götzen
geopfert; alles Geschütz und fast alle Pferde gingen verloren, und am
Morgen fand Cortez, der selbst, obgleich verwundet, überall im Kampfe
voran gewesen war, kaum die Hälfte seiner Schar noch am Leben.
Indessen gab er die Hoffnung der Eroberung Mexiko's doch nicht aus.
Mit neuen Planen beschäftigt, zog er sich in das Land der Tlascalaner
zurück. So vergingen fünf Tage, als sie in die Nähe von Otumba
kamen. Da sahen die Spanier zu ihrem Schrecken die ganze weite
Ebene von mexikanischen Kriegern bedeckt. Unter der Führung Guati-
mozins, eines Neffen Montezuma's, den das Volk auf den Thron
erhoben hatte, waren sie zum Vernichtungskampfe gegen die Feinde des
Vaterlandes ausgezogen. Hier galt es Sieg oder Tod. Sicher wären
die Spanier unterlegen, wäre es Cortez nicht gelungen, sich der mexi¬
kanischen Reichssahne zu bemächtigen. Als die Mexikaner dieselbe sinken
sahen, wandten sie sich, von abergläubischem Schrecken ergriffen, zur
Flucht, und ungehindert konnte Cortez nach Tlascala weiter zie.hen.
Unerwartet erhielt er kurz darauf eine Verstärkung. Es landeten näm¬
lich zwei Schiffe, die Vclasquez dem Narvaez, dessen Schicksal er noch
nicht kannte, nachgesandt hatte, und Cortez bewog die Mannschaft der¬
selben leicht, sich ihm anzuschließcn. Jetzt konnte er die Unzufriedenen
unter den Soldaten des Narvaez entlassen und nach Cuba zurückschicken;
mit den klebrigen beschloß er wieder gegen Mexiko zu ziehen. Die Stadt
war aber ohne Schiffe nicht anzngreifen; denn der Weg über die Dämme
allein war zu gefahrvoll. Cortez ließ deshalb in den Wäldern von
Tlascala Holz zum Schiffbau füllen; Balken und Bretter wurden ge¬
zimmert, und achttausend Tlascalaner trugen dieselben auf ihren Schultern
bis an das Ufer des See's. Das Heer des Cortez bestand nur aus
550 Mann zu Fuß und 40 Reitern; als Geschütz führte er 9 Kanonen*
mit sich. Aber 10,000 tlascalanische Krieger schlossen sich ihm an,
und immer mehr Eingeborne stießen voll Haß gegen die Azteken zu ihm.
Alsbald begann ein Kampf mit den Kähnen der Mexikaner, die sie in
großer Menge umschwärmteu. Die Ueberlegenheit der spanischen Kriegs¬
kunst machte sich auf die glänzendste Weise geltend. Ein großer Theil