6. Die Eroberung Mexiko'?. Ferdinand Cortez.
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der mexikanischen Canoes wurden in den Grund gesegelt, die andern
ergriffen die Flucht. Guatimozin gebot den Seinigen, zum Schein
zurückzuweichen, und während die Spanier ungestüm nachdrängten, ent¬
sandte er eine Abtheilung erlesener Krieger, um den Spaniern zu Lande
und zu Wasser in den Rücken zu fallen, und ließ den Damm durch¬
brechen. Viele stürzten in die Kluft; Andere geriethen in die Gewalt
der Feinde. Cortez selbst war in der größten Lebensgefahr. Sein
Pferd stürzte, und er wurde von sechs Mexikanern ergriffen; doch da
warf sich einer seiner Hauptleute denselben entgegen und rettete den
Feldherrn mit Aufopferung des eigenen Lebens. Sechszig Spanier und
über 1000 Tlascalaner wurden vermißt; Cortez selbst blutete aus
vielen Wunden. In der auf diesen Unglückstag folgenden Nacht bot
sich den Geretteten ein grauenhaftes Schauspiel dar. Die ganze Stadt
war erleuchtet, und die Spanier sahen, wie die Mexikaner in dem Alles
an Glanz überstrahlenden Tempel in wildem Jubel tanzten, wie die
unglücklichen Gefangenen entkleidet und gezwungen wurden, vor dem
Bilde des Kriegsgottes zu tanzen, sahen, wie man ihnen lebend das
Herz ausriß, um es dem Gotte zum Opfer zu verbrennen; der Schmer¬
zensschrei der Unglücklichen drang in ihre Ohren; ja, sie glaubten, die
wohlbekannten Stimmen ihrer Gefährten zu unterscheiden.
Mit Rachedurst erfüllt, erneuerten die Spanier so bald als mög¬
lich den Angriff, und Cortez ließ jetzt jeden eroberten Theil der Stadt
sogleich zerstören. Mit dem Schutte wurden die Canäle ausgefüllt, so
daß die Reiterei in den Straßen kämpfen konnte. Guatimozin ver¬
suchte, über den See zu entfliehen. Die Spanier aber waren wachsam;
sein Schiff wurde eingeholt, und er wurde gefangen genommen. Mit
würdevoller Fassung ergab sich der unglückliche König und bat nur um
Schonung seiner Gemahlin und seiner Kinder.
Die Spanier hatten erwartet, in der eroberten Stadt unermeßliche
Schätze zu finden; sie sahen sich indessen völlig getäuscht und begannen
laut zu murren. Sie meinten deshalb, die Mexikaner hätten ihre
Schätze verborgen oder in den See versenkt, und einer der raubgierigen
Anführer suchte durch Folterqualen von dem unglücklichen Guatimozin
und einigen seiner Räthe die Entdeckung der verborgenen Reichthümer
zu erpressen, indem er ihre mit Oel bestrichenen Fußsohlen an lang¬
samem Feuer rösten ließ. Ihn aber entriß Cortez selbst, der über solche
Grausamkeit entrüstet war, dem martervollcn Tode.
Nach dem Falle der Hauptstadt unterwarf Cortez mit leichter Mühe
alle Provinzen des Reiches, und nun begann er die zerstörte Stadt
nach einem großartigen Plane prächtiger wieder aufzubauen. Aber seine
Gegner in Spanien waren indessen nicht müßig gewesen. Als Bevoll¬
mächtigter Kaiser Karl's V. erschien Don Tapia mit dem Aufträge,
Cortez abzusetzen und an seine Stelle zu treten. Cortez wußte sich in¬
dessen durch eine Vorstellung bei dem Kaiser vollständig zu rechtfertigen
und wurde zum Statthalter und Generalcapitän des Landes ernannt,
welches den Namen NemSpanien erhielt. Vor Allem suchte er nun