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11. Karl's V. Wahl und Wahlkapitulation.
11. Rarl's V. Wahl und Wahlkapitulation.
(Nach Levp. Rauke, deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation, zum Theil
bearbeitet vom Herausgeber.)
Schon Maximilian hatte auf einem Reichstage zu Augsburg 1518
die Stimmen von fünf Kurfürsten (einschließlich der jetzt wieder herbei¬
gezogenen böhmischen) für seinen Enkel Karl gewonnen, nur die Kur¬
fürsten von Sachsen und Trier wendeten hauptsächlich ein, daß eine
päpstliche Constitution die Verbindung des Königreichs Neapel, welches
Karl besaß, mit der deutschen Krone verbiete. Nach Maximilians Tode
aber hielten sich die Kurfürsten an ihr Versprechen nicht mehr gebunden
und es fehlte nicht an Einwendungen gegen den jungen Fürsten. Man
bemerkte, er verstehe nicht einmal deutsch und habe noch keine Probe
persönlicher Tüchtigkeit gegeben; die Menge seiner. Länder werde ihm
keine Zeit lassen, sich dem Reiche zu widmen; jene päpstliche Constitution
schließe ihn ausdrücklich aus. Unter diesen Umständen faßte ein frem¬
der König, ohnehin der natürliche Nebenbuhler der österreichisch-burgun-
dischen Macht, Franz 1. von Frankreich, die ernstliche Absicht, nach der
erledigten höchsten Würde der Christenheit zu streben.
König Franz war noch im Aufgang seines Glückes und Ruhmes.
Die Schlacht von Mariguano, durch welche er Mailand wiedererobert,
die persönliche Tapferkeit, die er dort bewiesen, hatte ihm eine Stellung
in Europa und einen großen Namen gemacht. Der König behauptete,
von Deutschland aus aufgefordert worden zu sein, sich um die Krone
zu bemühen. Seine Anhänger empfahlen ihn besonders deshalb, weil
er so tapfer sei, weil kein andrer Fürst sich so gut eigne, den Krieg
gegen die Türken zu führen, den man doch einen oder den andern Tag
unternehmen müsse. Es haben früher und später französische Könige
ähnliche Absichten gehegt: Philipp von Valois, Ludwig XIV.; Keiner
aber hat je so viel Aufforderung in der Lage der Dinge, so viel Aus¬
sicht gehabt, wie Franz I.
Die Versprechungen des Königs übertrafen alles, was bisher erhört
worden. Mau versicherte in Paris, er biete jedem weltlichen Kurfürsten
200,000 Kronen als Geschenk, HK),000 Franken jährliche Pension,
und jedem geistlichen die Hälfte hiervon an. Den beiden östlichen
Kurfürsten, Brandenburg und Sachsen, wurden überdieß glänzende Ver¬
mählungen für ihre Erben mit reichen Aussteuern in Aussicht gestellt.
Auch die Oesterreicher schonten das Geld nicht. Sie hatten den eigen-
thümlichen Vortheil, daß das Wechslerhaus der Fugger, das die großen
Geldgeschäfte in Deutschland machte, für sie Partei nahm und den
Franzosen seine Dienste versagte. Aber überdies, war nich! König Franz
ein Fremder? — durfte das kurfürstliche Collegium es wagen, die
Krone, von deren Behauptung auf allen Reichstagen die Rede gewesen
war, so leichtsinnig von der Nation abkommen zu lassen?