Von Octavian bis auf Karl den Großen. 99
bekennen sich viele Millionen Menschen zu seiner Religion,
und wenn die christliche Reiigion die herrschende und
am weitesten verbreitete in Europa ist; so zahlt dagegen die
mahomedanische in Asien ungleich mehr Anhänger
und Bekenner, als die christliche.
Bald nach Mahomeds Tode machten seine Nachfolger
und Stellvertreter, die Chalifen, große Eroberungen
in Vorderasien. Syrien und Palästina wurden von
ihnen bezwungen, und Bagdad erbaut, wohin der Srtz
der neuen Regierung verlegt wurde. Die Juden und
Christen des Orients wurden zinsbar; die Heiden mit dem
Schwerte zur neuen Religion bekehrt. Den Siegen in
Asien, wo auch die Bezwingung des persischen Reiches
bald beendigt wurde, folgte die Eroberung Aegyvtens
und die Einnahme der Hauptstadt desselben, Alexan¬
driens. Zwar blieb das Chalifat nicht lange bei Ma-
homeds Familie; aber die folgenden Chalifen wirkten in
Hinsicht des Eroberungsgeistes und der weitern Verbrei¬
tung der neuen Religion im Geiste ihres Stifters fort.
Die Heere der Chalifen drangen vor bis Indien; verbrei¬
teten sich über das nördliche Afrika, über Sicilien
und Malt ha, und gingen sogar im I. 711 nach Chr.
nach Spanien, wo sie die Westgothen besiegten,
und diese nach den Pyrenäen zurückdrückten. So ent¬
standen mehrere kleinere arabische Reiche im südlichen
Spanien, unter denen das Chalifat von Cordova eines
der wichtigsten war. Zwar schlug Karl Martell, der
Feldherr der Franken, im Jahre 732 die über die Pyre¬
näen nach Frankreich vordringenden arabischen Stämme,
welche, ohne diese Niederlage, den Mahoyiedanismus wahv-
scheinlich in Frankreich und Teutschland verbreitet haben
würden; aber erst im fünfzehnten Jahrhunderte gelang
es den christlichen Königen in Spanien, die arabischen
Reiche zu besiegen und die Religion des Mahomeds ganz
wieder zu verdrängen. —
So ging in Europa durch die Teutschen, und in
Asien durch die Araber die alte Ordnung der Dinge
unter. Neue Völker und. neue religiöse und politische
Begriffe verbreiteten sich über die beiden wichtigsten Erd-
theüe. Nur das morgenländische Reich, obgleich
durch die Eroberungen der Araber sehr geschwächt, erhielt
sich gleichsam in der Mitte zwischen Europa und Asien in
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