Von Karl d. Gr. bis auf die Entdeck, v. Amerika. i15
fige religiöse Begriffe und der kriegerische Geist des Zeit¬
alters hatten gleich starken Mthei! an der Ausführung
dieses Gedankens.
Es zog also jeder, der das Schwert noch nicht mit
den friedlichen Geschäften des Lebens vertauschen, jeder,
der sich dadurch mit dem Himmel versöhnen und eine
lange im Gewissen bewahrte Schuld tilgen, jeder, der
durch den Raub der Schatze des Orients sich bereichern
wollte, nach Palästina. Beinahe zweihundert Jahre
dauerten diese sogenannten heiligen Züge, und Völkermas¬
sen aus allen Neichen des westlichen Europa'^ strömten
nach Asien; ja selbst die mächtigsten Kaiser, Könige und
Fürsten stellten sich — oft aus eignem Enthusiasmus, oft
aus Eroberungssucht, bisweilen aber auch fortgetrieben
vom päpstlichen Bannstrahle — an die Spitze der Heere,
welche nach Asien aufvrachen. Und doch wie ganr anders
war der Erfolg dieser Züge, als die Absicht, die
ihnen zum Grunde lag! Zwar wurde schon im Jahre 1299
Jerusalem von Gottfried von Bouillon erobert
und dort ein christliches Königreich gestiftet; auch bilde¬
ten sich bald in andern Gegenden Syriens, Kleinasiens
und Palästinas kleine christliche Staaten; aber alle An¬
strengungen der Kreuzfahrer reichten nicht hin, diese Be¬
sitzungen gegen die Saracenen zu behaupten, besonders
da in der zweiten Hälfte des zwölften Jahrhunderts der
edle und tapfere Sultan Salad in Regent von Syrien
und Aegypten war.
Bei diesen Zügen nach Asien, die zum Theil von Ita¬
lien aus über das Mittelmeer, zum Theil aber auch
durch das morgenlandische Reich nach Asien gin¬
gen, litt das letztere außerordentlich, so daß die Kaiser
in Konstauttnopel die Kreuzfahrer eher zu hindern, als zu
fördern suchten, besonders da die Europäer, welche Pro¬
vinzen von Asien eroberten, diese Eroberungen für sich
behielten, und dem Hose von Konstantinopel, welchem doch
ehemals Syrien, Palästina und Kleinasien als Provinzen
gehört hatten, nicht wieder zurückgaben. Bei dieser ge¬
genseitigen Spannung zwischen den Kreuzfahrern und dem
byzantinischen Reiche geschah es denn auch, daß im Jah¬
re 1204 die Abendländer (hier Lateiner — un Gegen¬
sätze gegen die Griechen — genannt) Konstantinopel
selbst einnahmen, und daselbst ein lateinisches Kai¬
serthum stifteten, das sich aber nur bis 1261 erhielt,
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