Full text: Erzählungen aus der Weltgeschichte

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entthronten Königs, indem sie sein Gebiet plünderten. — Als nun 
dem Gott Pan zu Ehren Spiele gefeiert wurden, denen sie auch 
beiwohnten, wurden sie von den Hirten überfallen: Nomulus entkam, 
Nemus wurde gefangen und vor den Amulius gebracht, der ihn dem 
Numitor zur Bestrafung zusandte. Langst aber hatte Faustulus aus 
dem freien, eine höhere Geburt verrathenden Benehmen geschlossen, 
daß seine Pfleglinge nicht gemeiner Abkunft seyen, und auch die Zeit 
ihrer Auffindung mit der Zeit der Aussetzung vergleichend, mußte er 
diesen Schluß ziehen. Er hielt es daher für den rechten Augenblick, 
ihm seine Gesinnung und ein auf großer Wahrscheinlichkeit beruhendes 
Geheimniß zu entdecken, weil für Nemus befürchtet werden mußte. 
Numitor mochte auch eine Ahnung haben, daß der vor ihm stehende 
Verbrecher/^dessen Züge eine Verwandtschaft mit ihm andeuteten, wohl 
sein Enkel seyn könnte. Als nun auch Nomulus vorgefordert wurde, 
dessen Aeußeres den tiefsten Eindruck auf den bald überglücklich seyn sollen¬ 
den Richter machte, entdeckte Faustulus Alles, und nach gegenseitiger 
Erkennung wurde Rache an Amulius beschlossen. Von allen Seiten 
wurden Hirten nach Alba gezogen, der Thronräuber ermordet und der 
rechtmäßige Herrscher wieder eingesetzt. Zum Lohn erhielten sie von 
ihrem Großvater die Erlaubniß, für ihre unternehmenden Haufen eine 
Stadt an der Tiber und zwar an dem Ort zu bauen, wo sic ausgesetzt 
worden wären. Dieses war drc alte römische Gemarkung innerhalb 
des sechsten und siebenten Meilensteins, um welche später jährlich ein 
Feldumgaug gehalten und wo sodann von zwölf Priestern, mit Kränzen uird 
weißen Binden geschmückt, das römische Gebiet durch Opfer eingeweiht 
wurde. Hier, am linken Ufer des Flusses, waren sieben Hügel, zum 
Theil schon bewohnt. Dieser bemächtigten sie sich und machten ihre 
Plane zur Erbauung einer Stadt. Eine Menge von Leuten strömte 
herbei, ein gemischter Haufe, den nur ein Genie, wie Nomulus, in 
die Schranken der Ordnung weisen konnte. Nun wurde zwischen den 
Brüdern über den Ort, wo die Stadt gegründet werden sollte, und die 
Ehre der Benennung der neuen Anlage gestritten. Da nun das Recht 
der Erstgeburt von Keinem geltend gemacht werden konnte, so kam 
man überein, dem Wink der Götter zu folgen und den Flug heiliger 
Vögel zu beobachten: wer zuerst welche erblicke, solle als König den 
Ausschlag geben. Nemus sah zuerst sechs, an Romulus aber, ob er 
gleich der Letztere war, flogen zwölf vorbei. Die größere Zahl ent¬ 
schied und Romulus wurde von seinem Anhang, der Zahl nach stärker, 
zum König erklärt. Nemus, beleidigt dadurch, daß der Grund der 
Stadt nicht auf dem Hügel, wo er es gewollt hatte, dem Aventinus,
	        
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