Full text: Erzählungen aus der Weltgeschichte

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Im Verlaufe der Zeit zum Oberfeldherrn ernannt, machte AlcibiadeS, 
der nach Thatenruhm dürstete, den Vorschlag, eine Flotte nach Sicilien 
zu senden. Von einer Stadt dieser Insel, Egesta, waren Gesandte 
nach Athen gekommen, welche sich über die Bedrückungen beklagten, die 
Syrakus gegen die andern Städte verübe, indem sie zugleich meldeten, 
Syrakus habe im Sinne, sich mit Sparta zu verbinden. Man schickte 
sachkundige Männer dahin, um sich an Ort und Stelle von der wahren 
Lage der Dinge zu unterrichten und auf ihren nicht sehr getreuen 
Bericht hin beschloß man, eine Flotte auszurüsten, deren Glanz alle 
bisherigen überbot. Zwar rieth der edle Nikias davon ab, indem er 
den Athenern vorstellte, daß der Feind nur ihre Entfernung abwarten 
werde, um in Attika einzudringen; allein Alcibiades sprach zu den 
Leidenschaften der Menge und die Worte: Ruhm und Sieg! wirkten 
mit magischer Kraft. Nikias, Alcibiades und Lamachus wurden zu 
Anführern der Unternehmung erwählt. Doch in der Nacht vor dem 
Tag der Abreise waren in Athen alle Hermessäulcn umgestürzt oder 
verstümmelt worden. Cimons unwürdiger Sohn und Andere seiner 
Feinde traten, den Ruf des Leichtsinns, in dem Alcibiades stand, 
benützend, als Ankläger gegen ihn auf, indem sie ihm Schuld gaben, 
nicht nur diesen Frevel verübt, sondern auch die eleusinischen Mysterien 
oder Geheimnisse verspottet zu haben. Alcibiades, erschreckt durch den 
ungünstigen Eindruck der Sache, betrat die Rednerbühne, um sich zu 
vertheidigen, und von den Soldaten, die nach Beute dürsteten, unter¬ 
stützt, indem sie erklärten, sie werden ohne den Alkibiades gar nicht 
gehen, wurde das Erkenntniß vertagt und die Abreise beschlossen. 
Das Heer mit den Vorräthen befand sich am Bord und die 
Bevölkerung der ganzen Stadt stand am Piräeus, um ein Schauspiel 
zu bewundern, wie nie eines in den Häfen Athens gesehen worden 
war. Die Thränen und Ausdrücke des Schmerzens bei dem Abschiede 
wurden durch die schmetternden Töne der Trompeten unterbrochen. Ein 
Herold verrichtete die üblichen Gebete, man goß Wein in die Misch¬ 
krüge, ließ als Opfer zu Ehren der Götter Wein aus goldenen und 
silbernen Schaalen stießen, oder brachte die gebräuchlichen Libationen, und 
laut ertönte der Päan oder Kriegsgesang, worauf die Abfahrt nach 
Korcyra unter lauten Glückwünschen erfolgte. Hier gesellten sich noch 
zu den Athenern die Contingente oder Beisendungen der Bundesgenossen, 
und die ganze Flotte bestand nun aus 134 Galeeren oder Kriegsschiffen 
außer den nöthigen Transport- oder Lastschiffen. Sie batte 5100 
Schwerbewaffnete nebst einer beträchtlichen Schaar von Bogenschützen 
und Schleuderern, aber nur 50 Pferde, im Ganzen jedoch eine Land-
	        
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