Full text: Erzählungen aus der Weltgeschichte

446 
Cñligula gewann und sich bei der Armee in große Achtung setzte. In 
die Zahl der Freunde des Claudius aufgenommen, dämpfte er die in 
Afrika ausgebrochenen Unruhen. Schon hatte Nero den Befehl zu 
seiner Hinrichtung gegeben, nachdem er acht Jahre zurückgezogen in der 
ihm übertragenen Provinz gelebt hatte, als er derselben durch eine 
Empörung zuvorkam. Er war bereits 72 Jahre alt. Es ist nicht zu 
zweifeln, daß er ein vortrefflicher Fürst gewesen wäre, hätte er nicht 
seinen Günstlingen zu viele Gewalt gelassen. Hiezu kam noch seine 
Kargheit und die große Strenge gegen Nero's Seesoldaten, von denen 
er allemal den zehnten Mann enthaupten ließ, weil sie nimmer zur 
See dienen wollten, endlich die Ernennung des wegen seiner Tugend 
verhaßten Piso zu seinem Nachfolger. Im Lager der Prätorianer brach 
ein Aufstand aus; Galba wurde, als er sich eben geharnischt nach dem 
Feldherrnzelt tragen ließ, auf dem Markte, Piso im Tempel der Vesta 
erstochen. Er hatte nur wenige Monate regiert. 
Die Prätorianer riefen nun ihren Liebling Otho zum Kaiser aus. 
Otho hatte feine Jugend üppig hingebracht und wurde ein inniger 
Vertrauter des Nero, der ihn zum Statthalter von Lusitanien (Portugal) 
ernannte, um mit dessen Gemahlin, Poppäa, ungehinderter verkehren 
zu können. Acht Jahre lang verwaltete Otho sein Amt rühmlich und 
wußte sich besonders bei dem Heere beliebt zu machen. Nach Galbas 
Thronbesteigung wurde er Cónsul. Indessen hatten die Legionen in 
Deutschland den Vitellius zum Kaiser ausgerufen. Dieser Verworfene, 
an dem Hofe eines Caligula, Claudius und Nero erzogen und ein 
Muster von Sittenlosigkeit, wußte sich durch niedrige Künste zu heben. 
Da er durch seine Nachsicht, Geschenke und Versprechungen seine Legionen 
gewonnen hatte, gieng er über die Alpen, indem er das Anerbieten 
Otho's, gegen unmäßige Summen sein Mitkaiser zu werden, ausschlug. 
Otho zog gegen ihn und siegte dreimal, gab sich aber nach einer ver¬ 
lornen Schlacht, um Bürgerkrieg zu verhüten, selbst den Tod. Er 
war zwar ausschweifend, aber doch kühn und entschlossen. Seinen 
Dolch schickte Vitellius, der mit Vergnügen das mit Leichen bedeckte 
Feld anschaute, nach Köln als ein Weihgeschenk in den Tempel des 
Mars. In Nom eingezogen, überließ sich Vitellius der ausschweifendsten 
Schwelgerei. Durch unmäßige Schmausereien, wozu die kostbarsten 
Leckerbissen aus den entferntesten Provinzen hergeholt wurden, verpraßte 
er in wenigen Monaten unermeßliche Summen. Es wurde lange eine 
Art Kuchen nach ihm benannt und bekannt ist sein Schild der Minerva, 
eine Schussel von ungewöhnlicher Größe. — Während dieses in Nom 
vorgieng, empörten sich die Legionen an der Donau und im Orient
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.