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und Klugheit des tugendhaften Don Rodrigo Diaz, Graf von Vivar,
mit dem Beinamen Cid, Herr. Dieser Held liebte als Jüngling
Ximene, Tochter des Ritters Gormaz. Dieser aber, eifersüchtig auf
Nodrigos Vater, Diego, der bei Hofe in größerer Gunst stand, besiegte
ihn in einem Zweikampfe und fügte noch bitteren Hohn hinzu. Diego
forderte seinen Sohn zur Rache auf, die Ehre siegte in der Brust des
Jünglings über die Liebe und Gormaz fiel. Ximenens Herz wurde von
tiefem Schmerz um den theuren Vater zerrissen und sie erflehte Rache auf
das Haupt dessen, der ihr sonst so theuer war. In der Verzweiflung
rannte der Held in das lärmende Kampfgewühl, um die innere Unruhe
zu beschwichtigen. Alles verheerend und niedermordend, waren fünf
maurische Könige in Castilien eingedrungen. Rodrigo schwang sich auf
sein edles Roß, Babieca, und zog dem gefürchteten Feinde entgegen.
Es kam zum Streit, die Westgothen siegten und Rodrigo sandte die
fünf gefangenen Fürsten dem Könige, welcher ihn mit Ximencns Hand
belohnte, deren vorübergehender Haß durch die alte Liebe verdrängt
worden war. Rodrigo erwies sich dankbar und er machte es möglich,
daß Ferdinand, nun das Schrecken der Mauren, Gallizien und andere
Provinzen mit Castilien vereinigen konnte. Rach seinem Tode setzte
dessen Sohn Sancho den Cid als Campeador, Oberfeldherr, über das
ganze Heer. Ferdinand hatte wohlmeinend, aber nicht klug, sein Reich
unter die drei hinterlassenen Söhne getheilt. Sancho hatte Castilien,
Alfonso Leon und Oviedo, und Garcia Galizien mit einem Theile von
Portugal bekommen. Dieses führte Bruderzwist herbei. Sancho siegte,
weil der Cid das Banner trug, Alfonso wurde gefangen und Garcia
war von selbst unterlegen, weil er unweise regierte. Es war nun noch
übrig, die Stadt Zamora zu bezwingen, welche stark befestigt war und
sich muthig wehrte. Da jedoch Sancho durch Meuchelmord umkam,
wurde Alfonso auf den Thron gerufen, nachdem er erst vor acht Monaten
von dem Cid geschlagen worden. Doch dieser leistete dem neuen Könige
treffliche Dienste, wodurch er ihn ausnehmend verpflichtete. Zwar
taugte der Mann mit den ernsten Zügen und seinem langen Bart,
welche nur zurückhaltende Ehrfurcht geboten, nicht an den Hof und er
lebte zur Zeit des Friedens in Abgezogenheit, nicht unangetastet von
dem Geifer der Verleumdung; doch wenn es galt, das Vaterland zu
retten, suchte man ihn immer wieder hervor. Einigemal war er ver¬
wiesen worden und endlich nahm ihm der König sogar Alles, Weib und
Vermögen. Allein nun kämpfte er für sich, jedoch immer im Hinblick
auf die spanische Nation, welcher er das Königreich Valencia zu
gewinnen suchte. Während er in vollem Siege begriffen war, eilte er