Full text: Erzählungen aus der Weltgeschichte

566 
seiner ganzen Regierung durste Niemand wegen des Glaubens gefährdet 
werden. Nachdem er sich eines großen Theils der Tartarei bemächtigt 
und so die Länder zwischen der Wolga und der- chinesischen Mauer 
erobert hatte, so überstieg er diese im Jahr 1209 und nahm Peking 
mit Sturm. Nach drei Jahren hatte er das nördliche China erobert. 
Der türkische Sultan Muhammed hatte sich in den Besitz von 
Persien gesetzt. Da rief der bedrohte Kalife von Bagdad Dschingischan 
zu Hilfe. Er erschien, eroberte die Bucharei, die Kalmukei, Persien 
und alles Land bis an den Euphrat und besiegte den Sultan in einer 
entscheidenden Schlacht. Muhammed starb auf der Flucht. Er hatte 
160,000 Mann verloren. Die Städte Bokhara und Samarkand, welche 
kräftigen Widerstand entgegensetzten, verloren mehr als 200,000 Men¬ 
schen. Sie wurden endlich im Sturm genommen, geplündert und 
eingeäschert. In ersterer Stadt, durch ihre gelehrten Anstalten bekannt/ 
wurde auch eine köstliche Bibliothek ein Raub der Flammen. Darauf 
eroberte ein Theil seines Heeres Hindostan, ein anderer, die entgegen¬ 
gesetzte Richtung einschlagend, die Provinzen am kaspischen Meere. 
Diese Schaaren, von einem seiner Söhne angeführt, drangen durch die 
eisernen Pforten unweit Derbent, nahmen ihren Zug an der Wolga 
hin, Moskwa zu, mordend, plündernd und unterjochend, eroberten 
Kasan und Astrachan und dehnten seine Herrschaft bis an den Dnieper 
aus. Einst gieng Dschingischan mit dem Plane um, alle Landbewohner 
in China, die nicht zum Kriege taugten, umbringen zu lassen, damit 
weniger Leute ernährt werden dürften, und die Fluren, welche angebaut 
waren, in Viehweiden zu verwandeln, ein schrecklicher Gedanke, von 
dem ihn einer seiner Räthe abbrachte. Als er nach Cara-Coram 
zurückkehrte, wurde er am Flusse Tula von seiner Familie mit der 
größten Freude empfangen, was eine ungewöhnliche Rührung in ihm 
hervorbrachte. 
Nachdem er auch Tibet unterworfen hatte, zog er (1225) an der 
Spitze seines ganzen Heeres (er war schon über 60 Jahre alt) gegen 
den König von Tangut, Hauptstadt Tangut oder Tonkat. Der Feind 
wurde besiegt und Alles mit Feuer und Schwerdt verheert. Nun schlug 
er in der Residenz dieses eroberten Landes seinen Wohnsitz auf und 
umgab sich mit morgenländischer Pracht. Bon hier aus leitete er die 
Angelegenheiten mit Kraft und wurde wie ein Gott verehrt, ein Ansehen, 
das auch auf seine Familie einen umfassenden Einsiuß ausübte. Gerade 
im Begriffe, auch noch das südliche China mit seinem Reiche zu ver¬ 
einen (Nanking war bereits erobert), starb er, beinahe 70 Jahre alt, 
nur wenige Meilen von der großen Mauer entfernt. Er wurde nach 
36*
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.