Full text: Umständlichere Erzählung der wichtigeren Begebenheiten aus der allgemeinen Weltgeschichte

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Männer, daß sie ihnen zurufen und ihnen Muth zuspre¬ 
chen konnten. — Aus diesem kriegerischen Sinne entstand 
auch das Recht des Stärkeren bei den Deutschen, daß 
derjenige nehmlich immer herschte, der der stärkste und 
tapferste war; und daher war auch Stehlen außerhalb 
seines Dorfes oder wie es altdeutsch hieß, außerhalb 
seines Gaues, keine Schande; denn den Raub sicher 
fortbringen war Zeichen der Tapferkeit und der List. Des¬ 
wegen waren auch ihre meisten Namen von starken oder 
raubenden Thieren entlehnt, als Hengst, Gorfe das 
heißt Stute, Löwe, Bar; und Hase war ein hartes 
Scheltwort. Ihre liebste Beschäftigung war die Jagd. 
Auf den Ackerbau wandten sie wenig Fleiß; ihre Nahrung 
bestand meist in Milch, Käse und Fleisch. Keiner har¬ 
te bestimmtes Eigenthum oder eigene Felder mit abge¬ 
messenen Gränzen; sondern die Fürsten vertheilten den 
Unterthanen alle Jahre Feld, wo und wie viel ihnen gut 
dünkte, und das nächste Jahr wiesen sie ihnen wieder an¬ 
dere Stellen an. Sie wollten es zu verhindern suchen, 
daß die Nation sich zu sehr an die Annehmlichkeiten des 
Ackerbaues gewöhnte, und sich darüber die Lust zum 
Kriege verlöte. 
Als muthvolle Krieger waren sie auch Feinde jegli¬ 
ches Zwanges, und heftig in ihren Begierden. Je stär¬ 
ker und kriegerischer einer war, desto weniger arbeitete 
er; denn das schien ihm ein Zwang. Die Bestellung 
der Felder und die Sorge um das Hauswesen überließ 
erden Weibern, den Alten und Schwachen im Hause. 
Er für sich brachte seine Zeit hin mit Nichtsthun, Schla¬ 
fen, Essen, Trinken und Jagen. Dieser Müßiggang, 
der als bas Vorrecht freier Männer geehrt wurde, führ¬ 
te die Deutschen zu häufigen Gastmälern, bei denen sie 
oft zugleich die wichtigsten Berathfchlagungen hielten, 
wo es aber auch oft zu blutigen Streitigkeiten kam. Die 
Lange-
	        
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