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Alpen. Oft war er auf den Gletschern in Lebensgefahr,
kroch bald anf Handen und Füßen, oder glitt aufRücken
oder Bauch einen schlüpfrigen Abhang binab. Die Frauen
mußten oft in Ochsenhaute gehüllt an Seilen hinabgelassen
werden. Eben so wurden auchdie Pferde über gefährliche
Stellen gebracht, indem man ihnen die Beine zusammen¬
band, und sie an Strickenchernnterließ, wodurch mehre¬
re starben. So reiste eine deutsche Kaiserfamilie nach
Italien, den Pabst um Gnade zu bitten.
Als Heinrich endlich die Thaler Piemonts glück¬
lich erreicht hatte; sammelten sich die Italiener in gro¬
ßer Anzahl zn ihm; denn sie meineten, er käme den
Pabst zu züchtigen, den sie auf das bitterste haßten
und mit allen Schandnamen belegten. Aber Heinrich
wies sie zurück, vielleicht nicht ganz klug: denn der
Pabst selbst erschrack bei der Nachricht, daß Heinrich in
Italien fei. Er war selbst auf dem Wege nach Deutsch¬
land, dort über den Gebannten Gericht zu halten;
schnell wandte er sich vom Wege in das Veste Schloß
Kanossa, welches seiner Freundin, der reichen Grä¬
fin Mathilde, gehörte. (ES liegt westlich von Modemr
in Oberitalien, nahe bei Reggio.) Doch in welche
Freude loste sich fein Schrecken auf, als er hörte, in
welcher Demuth der Kaiser ihm nahe.
Heinrich wandte sich zuerst au Mathilde, die sei¬
ne nahe Verwandte war, um ihm mildere Bedingungen
für die Absolution vom Bann zu bewürken. Doch Gre¬
gor wollte ihn anfangs gar nicht vor sich lassen. Dann
gab er nach, der König solle im Büßergewande vor
ihm erscheinen, und zum Zeichen seiner aufrichtigen
Reue ihm seine Krone mit dem öffentlichen Bekenntnisse
übergeben, daß er derselben unwürdig sei. Mathilde
fand auch dies noch zu hart, und durch vieles Bitten
brachte sie eS zuletzt dahin, daß der Pabst zugab, der
König solle ohne alle Begleitung in den vordersten Hof
' der