Full text: Lehrbuch der Weltgeschichte oder umständlichere Erzählung der merkwürdigen Begebenheiten aus der allgemeinen Weltgeschichte

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Schon vor diesem Kreuzzuge hatten Kaufleute für die nach Jeru¬ 
salem reisenden Christen, denen es dort gewöhnlich an bequemem Unter¬ 
kommen fehlte, eine klösterliche Herberge nebst einem Bethause nahe bei 
der Kirche des heiligen Grabes erbaut. Als Jerusalem von den Christen 
erobert war, vereinigten sich die Vorsteher dieser Anstalt zu einer be¬ 
sondern Gesellschaft, deren Mitglieder sich verpflichteten, arme und 
kranke Pilgrimme zu verpflegen und die Ungläubigen zu bekriegen: sie 
nannten sich nach Johannes dem Täufer Johanniterritter. Ihr Name 
ward in der Christenheit berühmt; und damit sich immer mehrere zu 
diesem heiligen Dienste fanden, schenkten fromme Christen im Abend¬ 
lande ihnen Geldsummen und vermachten ihnen liegende Güter, damit 
sie, ohne selbst einen Kreuzzug gemacht zu haben, doch das Ihrige ge¬ 
than hätten, daß die Ungläubigen bekämpft würden. Indeß konnten 
sich die Ritter in Palästina nicht auf die Dauer behaupten: die Türken 
verdrängten sie und sie flohen nach der Insel Rhodus, an der Süd¬ 
westspitze Kleinasiens. Als die Türken ihnen aber auch hierher folgten, 
gingen sie nach Malta. Daher heißen sie auch Rhodiser oder Mal¬ 
teser Ritter; und wiewohl sie schon lange aufgehört haben, gegen die 
Ungläubigen zu kämpfen; sind ihnen doch bis vor wenigen Jahren 
alle die Güter geblieben, welche die Frömmigkeit ihnen in früheren 
Zeiten geschenkt hat und deren Zahl nicht klein war. In den letzten 
Jahren haben mehrere Fürsten die in ihren Staaten gelegenen Güter 
der Malteser Ritter für sich genommen; und die Insel Malta selbst 
ist seit 1798 von den Engländern besetzt. Aus eine ähnliche Art ent¬ 
stand der Orden der Tempelherren. Sie verpflichteten sich zu einem 
gottseligen Wandel und insbesondere, die Landstraßen von Raubgesindel 
zu reinigen. Den Namen erhielten sie daher, weil Balduin ihnen auf 
dem Platze des vormaligen Salomonischen Tempels eine Wohnung 
anwies. Dieser Orden hatte seine Güter vorzüglich in Frankreich, und 
wurde so reich, daß er die Habsucht des Königs Philipps IV. reizte. 
Die Ordensglieder wurden grober Vergehungen angeklagt, mehrere 
durch die Folter dahin gebracht, daß sie eingestanden, was man ver¬ 
langte, einige darauf eingemauert, andere verbrannt, und, was die 
Hauptsache war, die Güter eingezogen, 1311. 
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Kreuzige. Fortsetzung. 
Seit dem ersten Kreuzzuge fehlte es nicht an kleineren Pilgerge¬ 
sellschaften, welche von Jahr zu Jahr nach Palästina zogen: allein 
diese Verstärkungen waren doch viel zu unbedeutend, als daß die Sieger 
des heiligen Landes sich lange hätten halten können. Sie baten den 
Papst dringend um Hülfe; und dieser brachte auch endlich, besonders 
durch den heiligen Abt Bernhard in Frankreich, einen zweiten großen 
Heereszug zu Stande, der an Glanz und Hoheit der Anführer den 
erstern noch weit übertraf. 
Ludwig VII., König von Frankreich, hatte gegen zwei rebellische 
Vasallen, die Waffen ergriffen, ihr Land verheert und Vitri in Cham¬ 
pagne mit Sturm erobert. Dabei war eine Kirche, in welche sich
	        
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