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veranlaßt, der ihnen viele Leute kostete. Nun schickte die Kaiserin ihren
in dem Türkenkriege sich bewahrt gezeigten, grausamen Führer Suwa-
row mit einer großen Armee nach Polen. Kosciusko ließ sich vor
besten Ankunft mit dem General Fersen in eine Schlacht ein, erlitt
aber am 10. October bei Maciejowice eine Niederlage. Er stürzte mit
dem Ausruf: Pinis Poloniae (Ende Polens) verwundet vom Pferde
und wurde als Gefangener fortgeführt. Die Russen fanden von jetzt
an keinen bedeutenden Widerstand mehr. Suwarow zog gegen War¬
schau, erstürmte am 4. November die Vorstadt Praga, wo 12,000
Wehrlose theils erschlagen wurden, theils in den Fluthen der Weichsel
ihr Grab fanden; und Plünderung und Brand vollendeten den Jam¬
mer. Die Bewohner Warschaus von den Greuelscenen abgeschreckt,
deren Zeugen sie waren, begehrten zu kapituliren. Potocki, der Abge¬
sandte des Nationalraths, wurde von Suwarow zurückgewiesen, „weil
er mit keinem Aufrührer zu unterhandeln gedenke." Der Stadtobrig¬
keit aber gelang die Unterhandlung. Am 0. November hielt Suwarow
seinen glänzenden Einzug in Warschau. Poniatowski erhielt den Be¬
fehl die Krone niederzulegen und sich nach Petersburg zu begeben, wo
er bis 1798 von einem Gnadengehalt lebte.
Oesterreich hatte sich ebenfalls inzwischen gegen das verlorne Polen
gewaffnet, seine Truppen rückten in Polen ein. Am 24. October 1795 1795
kam ein Theilungsvertrag zwischen den 3 Mächten zu Stande. Oester¬
reich erhielt Krakau und anderes Gebiet, 800 Q.-M. mit mehr als
einer Million Einwohner, Preußen die Hauptstadt Warschau, ein Ge¬
biet von 1000 Q.-M. und eine Million Einwohner, und alles Uebrige,
2000 Q.-M. mit 1,200,000 Einwohnern nahm Rußland zu sich. L>o
verschwand durch diese dritte Theilung der einst ruhmvolle und mäch¬
tige Staat, ein Reich von 14,000 Quadratmeilen und über 13 Mil¬
lionen Menschen, durch einheimische Entzweiung, Anarchie, Volksunter¬
drückung und Eroberungssucht der Nachbarn. Das benachbarte Kur¬
land, ein polnisches Vasallenland, kam ebenfalls in russische Hände.
Der Herzog, Peter Biron, nach Petersburg berufen, leistete Verzicht
auf seine Herrschaft, und die Kaiserin Katharina nahm die Unterwer¬
fung der Kurländer im März 1795 an. — Kosciusko, der in Peters- 1795
bürg in russischer Gefangenschaft lebte, wurde von Kaiser Paul l. in
Freiheit gesetzt, reiste 1797 nach Amerika, lebte dann von 1798 bis
1814 theils in Fontainebleau, theils in Paris, ohne sich weiter an den
politischen Bewegungen zu betheiligen. Zuletzt nahm er seinen blei¬
benden Aufenthalt in Solothurn in der Schweiz, wo er am 15. Octo¬
ber 1817 starb. Auf des Kaisers Alexander Veranstaltung ward sein
Leichnam in der Königsgruft zu Krakau beigesetzt, und ihm ein Denk¬
mal errichtet.
0?.
Mnste und Wissenschaften.
Die großen Länderentdeckungen und die Reformation hatten einen
mächtigen Einfluß auf die Künste und Wissenschaften ausgeübt und so
viele Männer zur Betreibung derselben angeregt, daß höchstens die all-