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als unter der österreichischen Herrschaft. Durch die von Pius IX. in
seinen Staaten eingeführten Reformen und die dadurch im übrigen
Italien hervorgerufene Gährung sahen sich die österreichischen Behörden
veranlaßt, schon im Februar das Standrecht zu proclamiren, Am
18. Marz begann in Mailand der Straßenkampf. So tapfer die
Oesterreicher auch unter ihrem 82jährigen Anführer, Marschüll Radetzky,
fochten, so wurden sie dennoch zur Räumung Mailands und der ganzen
Provinz gezwungen. Am 23. März warf das Land die österreichische.
Herrschaft ab, und rief den König Karl Albert von Sardinien, der
mit der Revolution buhlte, um sich auf seinem nicht minder wankenden
Throne zu erhalten, und schon von einem Königreich Italien träumte,
das er beherrschen würde, zu Hülfe, indem es sich mit Sardinien zu
vereinigen versprach. Venedig erklärte sich indeß zur Republik, und
der Aufstand verbreitete sich nach Wälsch-Tyrol, während am adriati¬
schen Meere Triest von einer sardinisch-neapolitanischen Flotte blokirt
wurde. (Auch in Neapel mußte der absolutistische König dem Drängen
des Volkes nachgeben und eine Konstitution beschwören, die er aber
später wieder verwarf. Die Sicilianer rissen sich sogar von Neapel
los, wurden aber nach blutigen Kämpfen wieder unterworfen, und so
ist der alte vormärzliche Zustand im ganzen Reiche wieder vorherrschend.)
Im Juni und Juli drang aber Radetzky, bedeutend verstärkt, wieder
vor, schlug die vereinigten Sardinier und Lombarden am 24. Juli bei
Custozza und besetzte bald darauf wieder Mailand, und Karl Albert
mußte einen Waffenstillstand eingehen. Die Vermittelung Englands
und Frankreichs konnte keinen Frieden herbeiführen, und schon im
März erneuerte der König von Sardinien die Feindseligkeiten, wurde
aber nach einem 4tägigen Feldzuge bei Novara so gänzlich geschlagen,
daß er zu Gunsten seines Sohnes Victor.Emanuel II. abdanken
mußte und sich nach Spanien begab, wo er bald darauf starb. Venedig
hielt sich noch lange, mußte sich aber auch nach mehrmonatlicher Be¬
lagerung ergeben. So stehen die italienischen Gebietstheile Oesterreichs
wiederum unter der Herrschaft des Kaisers, und erwarten, wie seine
übrigen Staaten, eine innere Organisation. Oesterreich trat aus den
schweren Kämpfen, die es seit 1848 zu bestehen hatte, siegreich hervor,
und zwei Männer sind es besonders, denen die Monarchie so vieles
zu verdanken hat, dem Feldmarschall Radetzky und dem Fürsten
Schwarzenberg, der an der Spitze der Regierung stand. Der letztere
starb Anfangs 1852 noch im besten Mannesalter plötzlich am Schlage.
In Preussen hatte die Regierung unter Friedrich Wilhelm IV.
nach langem Widerstreben den Forderungen der Zeit nachgegeben und
einen vereinigten Landtag zusammenberufen, die Koncessionen aber
wiederum so geschmälert, daß die Unzufriedenheit mehr wuchs als be-
1848 schwichtigt war. Auch hier brachte ein Missverständniss am 18. März
das Volk in die größte Wuth und erzeugte einen Barrikadenkampf,
der von Seiten des Militärs und des Volkes viele Opfer kostete. Am
19. März mußten die Truppen Berlin räumen, und der König sah
sich genöthigt, Alles einzuräumen, was man von ihm verlangte. Er
erklärte zugleich, sich an die Spitze der freien, einigen deutschen Nation
stellen und als konstitutioneller König regieren zu wollen. Es
wurde nun eine konstituirende Nationalversammlung, gewählt auf