Full text: Lehrbuch der Weltgeschichte oder umständlichere Erzählung der merkwürdigen Begebenheiten aus der allgemeinen Weltgeschichte

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Gottesdienst ist sehr glänzend, der Tanz gottgeweihter Jungfrauen 
(Bayaderen) spielt eine bedeutende Rolle dabei. Das Sanskrit ist 
die heilige Sprache dieser Religion, und die Veda's gelten für die 
heiligsten Schriften. 
Nach der Lehre des Buddhaismus sind Gott und Natur eins, 
die sichtbare und die unsichtbare Welt sind nur verschiedene Zustände 
und Theile eines und desselben Wesens. Dieses Wesen bestand von 
Ewigkeit her und hat zwei verschiedene Zustände, der Ruhe und der 
Thätigkeit. Der erstere ist der vollkommenste; die in Thätigkeit über¬ 
gegangenen Kräfte der Gottheit sind die Natur und die Welt, die 
immer in den ersten Zustand zurückzukehren streben. Dazu wandern 
die Körper niederer Art immer in höhere, bis in die Menschenkörper. 
Aus diesen kehren sie in den Zustand der Ruhe zurück, wenn sie die 
Vorschriften der Religion befolgen. Von Zeit zu Zeit erhebt sich ein 
irdischer Mensch zur höchsten Vollkommenheit; er heißt ein Buddha 
(Weiser), der die Gesetze giebt, die bis zum Erscheinen des nächsten 
Buddha gelten sollen. 
Diese Religion verlangt unblutige Opfer, sehr strenge Fasten und 
äußere prunkvolle gottesdienstliche Festlichkeiten, erkennt keine Kasten 
an, und daher werden ihre Priester, Bonzen, aus allen Klassen des 
Volkes genommen. So lange sie Priester sind, müssen sie unverhei- 
rathet sein, und sie leben zusammen in Klöstern in der Nähe der 
Tempel. Der Bramaismus dagegen verlangt auch blutige Opfer. 
So verbrennen sich noch jetzt manchmal die Frauen lebendig beim 
Tode ihres Mannes, so viele Mühe die Engländer sich auch geben, 
diesen Gebrauch unter den Hindus abzuschaffen. 
Die Indier haben noch viele Bücher aus alter Zeit, die alle in 
der Sanskritsprache geschrieben sind. Diese todte Sprache wird noch 
jetzt von allen Gebildeten gelernt, und ihre besten Schriften werden 
noch in dieser Sprache verfaßt. 
Die Kunst entwickelte sich bei den Indiern aus der Religion und 
dem Kultus. Diesen Ursprung haben die Felsgrotten, welche aus 
Tempeln, Wohnungen und Gängen bestehen, die neben und über¬ 
einander in den Stein gehauen sind. Die größten sind die von Ellora, 
in der Mitte Vorderindiens, welche über eine Stunde weit das Innere 
eines Berges einnehmen und mit Bildhauerarbeit reich verziert sind. 
Die Grotten auf der Insel Elephanta, von Selsette bei Bombai, 
und von Muhamalaipuram sind ebenfalls berühmte Bauwerke. Auch 
über der Erde besitzen die Indier merkwürdige Gebäude. 
Die Stupas sind kuppelförmige Gebäude aus Stein, welche zur 
Aufbewahrung der Reliquien ihrer Heiligen dienen, und es finden sich 
noch viele derselben. Eine andere Art von Gebäuden sind die Pagoden, 
thurmartig über der heiligsten Stelle eines Tempels errichtet. Die 
Malereien und Bildhauerarbeiten in diesen Werken sind zwar kolossal, 
zeugen aber von sehr schlechtem Geschmack. Die Kunst und das Ge¬ 
werbewesen der Indier war früh entwickelt, blieb aber bei dem einmal 
Angenommenen stehen. Ausgezeichnet ist ihre Weberei, und sie war 
es schon in den frühesten Zeiten. 
Nach der Eroberung eines Theils von Indien durch Alexander den 
Großen war das Land der syrischen und baktrischen Herrschaft unter-
	        
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