Metadata: Von 102 vor Chr. bis 1500 nach Chr. (Th. 1)

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deutschen Mannen empor und reißt Alles mit fort, um den Bahnen des 
Armin zu folgen. Segest sogar muß sich dem Ungestüm seiner Cherusker 
fügen, die auch ihn zum Kampfe gegen Varus zwingen; sein eigener Bruder 
Segimer (gewiß nicht identisch mit dem damals vielleicht schon verstorbenen 
gleichnamigen Vater Armins) und dessen Sohn Sesithakus schließen sich 
voll Enthusiasmus der Sache Armins an. Den einzigen Häuptling aber, 
der sich standhaft weigert, gegen Varus zu fechten, den Ampsivarier-Fürsten 
Bojocalus läßt Armin in Fesseln legen. Und nun wirft man sich zuerst 
aller Orten auf die kleinen vereinzelten römischen Posten, die Varus bisher 
im Lande ringsum zerstreut hatte. Bald sind sie alle bis auf den letzten 
Mann überwältigt. Nun gilt es, den großen Kampf mit dem Hauptheer 
der Legionen zu kämpfen; jetzt, so hoffen die Germanen, auf einem Boden, 
wo die überlegene Taktik und Bewaffnung den Römern nicht zu Gute 
kommen soll. 
Ihre Hoffnung geht bald in Erfüllung. Varus ist, so scheint es, 
an jenem ersten Tage noch vollkommen unbelästigt geblieben; nur werden 
während der Nacht oder am folgenden Tage seine deutschen Wegweiser 
ihm bei passender Gelegenheit entlausen sein. Und nun sieht sich das 
römische Heer (nach einer beliebten Rechnung nunmehr am neunten 
September d. I. 9 n. Chr.) inmitten unwegsamer Waldungen. Der 
Zug geht durch unebenes Land, durch immer wieder von höchst unbequemen 
Thalschluchten durchschnittenes Waldgebirge. Die römischen Ingenieure 
und die ihnen zugetheilten Truppen sind jeden Augenblick genöthigt, mit 
Axt und Grabscheit zu arbeiten. Mächtige Bäume müssen gefällt, das 
dichte Unterholz muß gerodet, Laufbrücken müssen geschlagen werden. Und 
nun bricht auch ein furchtbares Ungewitter herein. Ein gewaltiger Sturm 
saust durch den deutschen Urwald, zerbricht morsche Riesenbäume, schleudert 
abgebrochene Aeste auf die Römer nieder. Ströme von Regen aber machen 
den Boden ungangbar; Menschen, Thiere und Wagen kommen auf dem 
durchweichten Boden nur schrittweise und mit höchster Anstrengung vorwärts. 
Da endlich erscheinen zu beiden Seiten der langen römischen Colonne 
die lange und sehnsüchtig von Varus erwarteten Germanen; aber bald 
müssen die Römer erkennen, daß neben den empörten Elementen jetzt die 
wildere Empörung der Menschen dieses Landes über sie hereingebrochen ist. 
Anfangs greifen die Germanen nur erst tastend an; aus dem Waldes¬ 
dickicht fliegen die scharfen deutschen Wurfspieße in die römischen Linien 
hinein. Geraume Zeit sieht es noch aus wie eine grobe Neckerei, so daß 
Varus noch immer den Römern befehlen mag, die plumpe Unart nicht zu 
erwiedern; noch denkt er wohl einen Augenblick, hier walte nur ein grober 
Unfug der Barbaren vor, den man durch Drohung mit ernster richterlicher 
Ahndung dämpfen könne. Aber bald fällt die letzte Maske; bald werfen 
sich schwere deutsche Haufen auf einzelne Glieder der Marschkolonne; mit 
großer Schlauheit greifen sie immer an solchen Punkten an, wo die Sol¬ 
daten mit Scharen des Trosses und der Unbewaffneten gemischt und des¬ 
halb völlig außer Stande sind, sich schnell und zu wirksamer Gegenwehr 
zu sammeln. 
In solcher Weise setzte sich der entsetzliche Marsch der Römer stunden¬ 
lang fort. Endlich erreichten sie einen weiten, hochgelegenen, offenen Platz, 
wo sie dann sofort Halt machten, nach hergebrachter Weise ihr Lager 
stark verschanzten, und ihre Lage gründlich erwogen. Unleugbar war man 
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