Object: Lehrstoff der mittleren und oberen Klassen (Teil 2)

§ ^03. Die Bevölkerung Europas. 
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Gerste, Roggen, Erbse, Linse, Walnuß, Mandel haben hier ihre Heimat; der Hafer 
wahrscheinlich in Süd-Rußland. Unsere sämtlichen übrigen Kulturpflanzen sind aus 
anderen Erdteilen, vorzugsweise aus Asien durch den Menschen nach Europa gebracht. 
Kein Erdteil hat durch die Einwirkung des Menschen eine solch durchgreifende Ver- 
ändernng seines Pflanzenkleides erlitten wie Europa. Aber die eingeführten Pflanzen 
Habensich in der neuen Umgebung nicht nur zu behaupten vermocht, sondern sie haben 
sich hier vielfach ganz besonders günstig entwickelt (Wein, Hopfen). Auch die meisten 
unserer Haustiere, vielleicht mit alleiniger Ausnahme des Pferdes, waren in Europa 
ursprünglich nicht heimisch, sondern sind mit dem Menschen hierher gelangt. 
Durch seine Lage und physische Beschaffenheit erscheint Europa als 
besonders geeigneter Boden für eine hohe Entwicklung menschlicher Kultur. 
Drei Umstände sind es vor allem, welche in hohem Maße fördernd auf die 
Kulturentwicklung eingewirkt haben: 1. Die Lage Europas iu der Mitte 
der Land-Halbkugel der Erde. 2. Die große Zugänglichkeit und Wegsamkeit des 
ErdteilZ, die bedingt ist durch die reiche horizontale Gliederung, die eigen- 
artige Ausbildung der Flußsysteme und das Fehlen trennender Plateau- 
und Wüstenlandschaften. 3. Das gemäßigte und im wesentlichen gleichartige 
Klima des Erdteils. 
Es fehlt Europa freilich der üppige Reichtum der Tropenländer, der den Menschen 
fast ohne eigenes Zutun das zum Leben Erforderliche in den Schoß wirft. Aber es 
fehlen andererseits auch fast gänzlich wirklich unkultiviertere Gebiete. Der Boden 
Europas erfordert überall angestrengte Arbeit, gewährt dann aber auch reichen Lohn 
für die aufgewandte Mühe. Europa bewahrt seine Bewohner vor Erschlaffung, zwingt 
sie zu vielseitiger und unablässiger Arbeit und regt sie dadurch zur Entfaltung aller 
ihrer geistigen Kräfte an. Mit Asien und Afrika auf das innigste verknüpft, vermochte 
Europa es ferner frühzeitig die Kulturpflanzen und Haustiere dieser beiden Erdteile 
auf seinem Boden heimisch zu machen. Auch blieben seine Bewohner mit den Kultur- 
Völkern des Orients stets in lebendiger Beziehung, wußten sich deren geistige Errungen- 
schaften anzueignen und weiterzubilden. Aber auch dem amerikanischen Kontinent 
ist Europa näher gerückt als irgend ein anderer Erdteil. Nachdem erst einmal der Ozean 
durchquert war, konnten sich rasch vielfältige Beziehungen zu der neuen Welt an- 
knüpfen. Die Zugänglichkeit und Wegsamkeit Europas förderte ferner den Verkehr 
der europäischen Völker untereinander, führte frühzeitig zu einem lebhaften Austausch 
der Erzeugnisse ihrer Länder und ihres Gewerbfleißes, ihrer Errungenschaften auf 
dem Gebiete von Kunst und Wissenschaft. Die Gleichmäßigkeit des europäischen Klimas 
endlich, das zwar erhebliche Unterschiede, aber keine absoluten Gegensätze zeigt, machte 
die Entwicklung einer im wesentlichen gleichartigen Kultur möglich. 
Es wäre aber ein Irrtum, die hohe Kultur Europas allein auf die Naturver¬ 
hältnisse des Erdteils zurückzuführen zu wollen. Die umgebende Natur vermag den 
Menschen vielfach zu fördern und zu hemmen, aber allein bestimmend für dessen Ent- 
Wickelung ist sie nicht. Auf dem nächst Europa für eine hohe Kulturentwickelung 
wohl geeignetsten Boden, in Nord-Amerika, das, von Europäern besiedelt, jetzt mit 
dem Mutterlande auf allen Gebieten in den lebhaftesten Wettbewerb getreten 
ist, haben die Urbewohner, die Indianer, es doch nie über ein umherschweifendes Jäger- 
leben hinausgebracht. Was Europa geworden ist, ist es nur durch die kraftvolle, begabte,, 
jeder Kulturentwickelung fähige indogermanische Rasse geworden. 
§ 103. D i e Bevölkerung Europas. 
Die überwiegende Mehrheit der jetzigen Bevölkerung Europas gehört 
dem Indogermanischen Sprachstamme au. 
Die Jndogermanen oder Arier waren ursprünglich eine blondhaarige, blau- 
äugige und langköpfige Rasse von bedeutender Körpergröße. Ihre Urheimat steht 
noch nicht fest, doch ist sie wahrscheinlich im mittleren Asien zu suchen. Von dort haben 
sie wohl eine Anzahl von Kulturpflanzen und Haustieren mit nach Europa gebracht. 
Den Rassen, die schon vor ihnen jedenfalls den Süden, Westen und die Mitte Europas 
bevölkerten, waren sie sicher an Kultur überlegen, da sie ihnen ihre Sprache auf¬
	        
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