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genfeer Art. Man stellte 10,000 Mann auf einen Ort dicht zusammen und zog
alsvann einen Zaun um sie; darnach ließ man sie herausgehen und trieb An¬
dere hinein, bis die Umzäunung abermals gefüllt war. Solchergestalt wurde
das persische Heer gezählt oder vielmehr wie Getreide gemessen. Die Gesammt-
menge streitbarer Männer wurde bei dritte halb Millionen befunden;
der Troß der Diener, Köche, Weiber u. dgl. betrug nundesiens ebensoviel, so
daß dieser ungeheure Zug von mehr als fünf Millionen Menschen eher einer
Völkerwanderung als einer Heerfahrt glich. Da war kein Volk zwischen dem
indischen und mittelländischen Meere, das nicht zu dieser Armee seine Heer¬
schaar gestellt hätte! Welch ein buntes Gewimmel der verschiedenartigsten Ge¬
stalten, Trachten und Waffenarten! Den Kern dieser Kriegsmacht bildeten
die Perser. Kleivung und Rüstung derselben war von den Medern entlehnt:
sogenannte Tiaren oder ungefilzte Hüte, bunte Aermelröcke mit eisernen Schup¬
pen belegt, Hosen um die Beine, statt des Schildes ein Geflecht, kurze Speere,
große Bogen, im Köcher Pfeile von Rohr und einen Dolch im Gürtel. Die
Assyrier hatten eberne, geflochtene Helme auf und linnene Panzer an; ihre
Hauptwaffe war eine mit Eisen beschlagene Keule. Die Saken, em scythisches
Volk, ging mit hohen Turbanen einher, welche oben spitz zuliefen; im Kampfe
führten sie eine Streitart. Die Indier trugen Kleiver von Baumwolle, die
Kaspier von Pelz. Die Araber waren mit weiten Oberkleidern umgürtet und
führten lange Bogen, die man nach Belieben auf beiden Seiten spannen konnte.
Die afrikanischen Aethiopier hatten Panther - und Löwenfelle um, ihre Bogen
waren aus dem Blüthenstiele eines Palmbaums gefertigt, ihre Pfeile waren
von Rohr und vorn war ein spitziger Stein von großer Härte befestigt; die
Spitze ihres Speeres aber bildete ein Antilopenhorn und wenn sie in die
Schlacht zogen, hatten sie ihren Leib gar seltsam halb mit Kreide, halb mit
Mennige (roth) gefärbt. Die asiatischen Aethiopier hatten sich das Haupt mit
abgezogenen Stirnhäuten der Pferde bedeckt, an denen noch die Ohren gerade
in die Höhe standen und die Mähne hinten wallend hinunterhing. An Glanz
zeichneten sich vor Allen die Perser aus, welche auch die>Tapfersten waren.
Ihre Rüstungen strahlten von der Menge Goldes. Auch führten sie eine zahl¬
reiche, schön geschmückte Dienerschaft auf Wagen mit sich. Unter der Reiterei
that sich das persische Hirtenvolk der Sagartier hervor. Diese hatten 8000 Reiter
gestellt und führten keine andere Waffen mit sich als einen kurzen Dolch und
eine aus Riemen geflochtene Schlinge, womit sie im Gefecht den Gegner fingen
und hinter sich fortschleifend tödteten. Die Indier kamen theils zu Roß, theils
zu Wagen, theils zu Fuß; die arabische Reiterei ritt auf raschen Kameelen
und mußte zu hinterst bleiben, da die Pferde vor den Kameelen sich scheuen.
Mehr als 50 Völkerschaften aus allen drei Welttheilen waren auf das
Geheiß eines einzigen Gewaltherrn unter die Waffen getreten. Nachdem das
Heer gezählt und geordnet war, bestieg Serres einen Wagen und fuhr von
einem Volke zum andern. Er fragte jedwedes nach seinem Namen, nach Zahl,
Führer und was sonst wissenswerth schien; seine Schreiber zeichneten es aufl
Nach der Musterung des Landheeres besichtigte der König auch die Flotte.
Die Schiffe lagen nahe am Ufer in einer Linie, die Schnäbel dem Lande zu¬
gekehrt, vor Anker und die Besatzung derselben hatte sich gewaffnet wie zun
Schlacht. Der König bestieg ein sivonisches Schiff und saß auf dem Verdeck
unter einem goldenen Zelte. Dann fuhr er an den Schiffen entlang, befragte
sie alle und ließ Alles aufschreiben. Es waren außer den 3000 Laftfchiffen
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