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(dessen Mangel bei den jetzigen typographischen Mitteln unverzeihlich ist)
bedeutend sein, weil sie mit dem Streben des Unterrichts, der auf das
individuelle Bild gerichtet ist, sich vereinigt. Das Ausmalen von
Scenen, die im Buche nur angedeutet, oder auf dem Bilde dargestellt
sind, bietet eine sehr geeignete Uebung für schriftliche Arbeiten. Man
sollte weder von ägyptischer noch griechischer noch deutscher Baukunst den
Schülern erzählen, wenn man ihnen nicht die entsprechenden Abbildungen
vorzeigen kann, gleichwie es rathsam ist, wenn der „Guttenberg" an die
Reihe kommt, die Schüler zuvor in eine Buchdruckerei zu führen. Wenig
ertenstv, viel intensiv! Vertiefung in das Individuelle und le¬
be nd i g e A nschauu ng der P er so n! Dieser Grundsatz gilt beson¬
ders auch für den Geschichtsunterricht, unv nur in dem Maaße, als wir
ihn zur Geltung bringen, wird die Geschichte ein wirksames Moment
werden für die sittliche Bildung des Schülers, nur dann wird derselbe
an den Charakteren der Geschichte den eigenen Charakter entwickeln und
stärken, nur dann wird er sich begeistern zu dem Entschlüsse, Theil zu
nehmen an dem Kampfe für die höchsten Güter des Menschenlebens, für
Wahrheit, Freiheit undRccht, und nur dann wird erLiebe und Vertrauen
gewinnen zu Dem, dessen starke Hand die Geschicke der Menschheit führt
und lenkt, damit mehr und mehr das Reich Gottes auf Erden wachse und
blühe.
Möge, für solch einen Zweck dies Buch ein brauchbares Mittel sein!
Es bietet sich zunächst de n unt ere n K lassen der Gym nasien und
Realschulen dar, möchte aber auch für gehobene Volksschulen will¬
kommen geheißen werden.
In der Volksschule wird zwar immer auf die biblische Geschichte und
auf die Geschichte der Ausbreitung des Christenthums in ihren Haupt¬
momenten der Hauptakzent fallen, aber ganz weglassen wollen wir die
Profangeschichten keineswegs, wir wollen nicht das schöne Ziel aus dem
Auge verlieren, gerade dadurch die Volksschule zu heben, daß wir die
Geschichte in ihren Lektionsplan aufnehmen. Denn fordert nicht auch der
christlich-kirchliche Zweck, eines Augustus und Nero, eines Konstantin und
Julian Erwähnung zu thun wie eines Karl und Bonifacius ? Und ist es
nicht gerade dem patriotischen Zwecke förderlich und ganz entsprechend,
von der Schlacht bei Marathon und Salamis zu reden, wie von der Leip¬
ziger Völkerschlacht? Ein systematischer Geschichtsunterricht gehört aller¬
dings nicht in die Volksschule, wohl aber ein propädeutischer, der
dann in der Fortbildungsschule — die nothwcndig die Volksschule
ergänzen muß, wenn sie nicht ein Anfang ohne Ende bleiben soll —- sei¬
nen Abschluß findet und entschiedener als bisher auf eine christlich-
n at i o n a le Bildung hinarbeitet. Von dem unfruchtbaren Notizenkram
müssen die Volksschullehrer sich los machen, und zur lebendigen Quelle
der Geschickte, zur Vertiefung in die Persönlichkeit zurückkehren, dann
können sie auch mit Wenigem Viel ausrichten. „Theile und herrsche!"
— so heißt es auch hier.
Hard am Bodensee, im März 1852.
A. Grube.