Full text: Die vorchristliche Zeit (Theil 1)

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lì. Rom ein Freistaat. 
I. Hohe Vaterlandsliebe. 
Horatius Kokles, Mucius Scävola, Klölia. 
L. Horatius Kokles. 
Nördlich von Ronr lag das fruchtbare Land der Etrusker; ein mächtiger 
etruskischer König, Porsenna, war vom Targuinius zu einem Kriegszuge 
gegen Rom beredet worden. Dieser drang mit einem großen Heere siegreich 
vor und es gelang ihm, die Stadt einzuschließen. Nur der Fluß Tiber trennte 
ihn noch von Rom; mit seinen kriegslustigen Schaaren rückte er an die 
Brücke, welche die beiden User des Flusses verband. Eine kleine Schaar von 
Römern, die auf der Brücke Wache hielt, floh. Blos ein Mann, Horatius Kokles 
mit Namen, blieb am Eingänge d§r Brücke stehen; zwei Andere, durch das 
Beispiel des Tapfern ermuntert, gesellten sich zu ihm und diese drei Männer 
sperrten das Brückenthor und hielten mit ihren Schilden und Schwertern den 
Feind zurück. Unterdessen wird hinter ihnen die hölzerne Brücke abgebrochen; 
als man an das letzte Brett kommt, rufen die Römer den Ihrigen zu, nun 
möchten sie sich retten. Die Zwei gehen zurück, Horatius aber bleibt allein 
und kämpft so lange, bis die Brücke hinter ihm einstürzt. So fällt er mit sei¬ 
ner ganzen Rüstung in den Strom hinab. Aber muthig schwimmt er zu den 
Seinen hinüber, die ihn frohlockend empfangen. Die feindlichen Wurfspieße 
hatten ihn nicht verletzt. 
2. Mucius Scävola. 
Konnte nun auch der feindliche König nicht in die Stadt selber kommen 
so hielt er doch alle Zugänge besetzt und drohete das geängstigte Rom auszu¬ 
hungern. Da entschloß sich ein edler Jüngling, Mucius, zu einer kühnen 
That, um die Feinde in Schrecken zu setzen. Er ging allein in das Lager der 
Feinde, mit einem Dolche unter dem Mantel. Unangefochten kam er vor das 
königliche Zelt, wo eben den Kriegsleuten der Sold ausgezahlt wurde. Mu- 
eius, welcher den König nicht kannte, stürzte aus den los, an welchen sich die 
meisten Soldaten wandten und erdolchte den Schreiber des Königs. Sogleich 
ergriffen die Soldaten den Unbekannten, entwaffneten ihn und führten ihn 
vor den König Porsenna. Furchtlos sprach der kühne Jüngling: „Mein Name 
ist Mucius, ich bin ein römischer Bürger und wollte den Feind meines Vater¬ 
landes ermorden. Da ich mich getäuscht habe, will ich dir gestehen, daß ich 
nicht der Einzige bin, welcher dir nach dem Leben strebt." Der König erschrak 
und drohete, ihn verbrennen zu lassen, wenn er nicht die ganze Verschwörung 
entdecken würde. Der römische Jüngling sprach aber kein Wort mehr, sondern 
entblößte seinen rechten Arm, ging an ein dastehendes Kohlenbecken und hielt 
mit unverändertem Angesichte seine Hand in die Gluth und ließ sie darin 
langsam verbrennen. Da ergriff Staunen und Entsetzen die Umstehenden und
	        
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