Full text: Das Mittelalter (Theil 2)

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fragte, ob derjenige König zu sein verdiene, welcher die Macht, oder der, wel¬ 
cher bloß den Namen habe? ZachariaS, der römische Papst, erwiederte, „wer 
die Macht in Händen habe, müsse auch den Namen des Königs haben. Da 
wurden dem letzten Merowinger, dem schwachen Childerich, die Locken abge¬ 
schnitten und Pipin bestieg dm Thron der Franken. Durch diese That hatte 
fich der Papst den fränkischen König zur Dankbarkeit verpflichtet und diese 
Schuld der Dankbarkeit haben die fränkischen Könige reichlich abgetragen, so 
daß die Welt die Folgen davon spürt bis auf den heutigen Tag. 
Als Aistulf nun nicht aufhörte, den Papst zu bedrängen, sah Stephan, 
der Nachfolger des Zacharias, wohl ein, daß er fich auf die Hülfe des Kaisers 
in Konstantinopel nicht mehr verlassen könnte; denn alle seine Klagen dahin 
waren fruchtlos geblieben. Darum rief er den kräftigen und tapfern Pipin 
zu Hülfe, und Pipin kam. Zuerst mahnte er den Longobardenkönig in Güre, 
der Kirche zu geben, was der Kirche sei; als aber derselbe nicht darauf achtele, 
drang Pipin als Schirmvogt der Kirche mit seinen Franken durch die Pässe 
der Alpen in's Longobardenland und schloß den Aistulf in Pavia ein. Da 
redete der Papst nochmals zum Frieden; Aistulf nahm ihn an und beschwur 
mit allen Herzogen seines Volks, daß er die Oberherrschaft der Franken und 
den neuen römischen Staat anerkennen wolle, dessen unfichtbarer Regent der 
heil. Petrus, gleichwie der Papst der sichtbare sei. Dieß geschah im Jahr 
754, in welchem Bonifacius bei den heidnischen Friesen den Märtyrertod fand. 
Kaum war jedoch Pipin aus Italien heimgekehrt, so brach Aistulf den 
Eid und zog im Grimm aus, um den neu erstandenen römischen Staat zu 
zertrümmern. Bald stand er vor Rom und belagerte den Papst in dieser sei¬ 
ner Hauptstadt. ^Da schickte Stephanus abermals zu Pipin und dieser kam 
wieder und bezwang die Longobarden. Aistulf mußte nun daS Erarchat — 
d. i. alles Gebiet an den Küsten des adriatischen Meeres, welches einst der 
Statthalter (Erarch) des morgenländischen Kaisers besessen — mit gar vielen 
herrlichen Städten abtreten; dieß übergab Pipin dem heiligen Petrus und 
seinem Stellvertreter, dem römischen Papste als ewiges Eigenthum. Das 
war der Grund und Anfang des Kirchenstaats, und so wurde das geistliche 
Oberhaupt der Christenheit nun auch ein weltlicher Herr. 
'Bald darauf starb Aistulf; im nächsten Jahre wurde Desiderius Kö¬ 
nig der Longobarden. 
2. Sage von dem eisernen Karl. 
Im Frankenreiche war Karl der Große zur Regierung gelangt; dieser 
hatte sich mit der Tochter des Desiderius vermählt, aber dieselbe auf dringende 
Mahnungen des Papstes wieder verstoßen. Da nun auch Karl die Länder 
seines Bruders Karlmann erworben hatte, dessen Wittwe und Söhne aber zu 
Desiderius geflohen waren, wollte der Longobardenkönig den Papst zwingen, 
daß er die Söhne Karlmanns zu Königen der Franken salben sollte. Da 
sandte der Papst Hadrian eiligst Boten an den König Karl, und dieser ließ nicht 
lange auf sich warten. 
Als Karl mit seiner Heeresmacht gegen Pavia heranzog, wollte Deside¬ 
rius seinen Gegner gern selbst sehen. Zu ihm war einer von den Dienstman¬ 
nen Karls geflüchtet, der hieß Autkar. Autkar hatte den fränkischen König 
erzürnt, und suchte nun Schutz bei Desiderius. Der König bestieg mit dem 
Flüchtling den höchsten Thurm, von dem man das Feld weithin überblicken 
Grube, Geschichtsbilder. II. n
	        
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