182. Der Suchs.
239
Miene verrät, dab er der Beute ansichtig geworden. Er verschwindet,
um in weitem Bogen von einer anderen Seite den Angriff zu versuchen.
Allein die wachsame Alte drängt sich dicht an das Junge, denn sie
kennt den Arglistigen. Dort streift er vorbei. Die Ricke pfeift wieder,
und der FPuehs schaut auf, als schrecke er plötzlich zusammen. Doch
er ist inzwischen dem Ziele seiner Wünsche nah und näher gekommen.
Der Augenblick ist günstig und Verstellung nicht mehr nötig. Reineke
duekt sieh nieder; wie eine Katze schmiegt er sich an den Boden;
seine Augen starren wildgierig auf das bebende Tier, er weist die
mörderischen Reiber, hebt leiss Pub und Kopf zum Sprung und
Bibß — ein Augenblick noch — ein Satz, und — da stürzt sieh die
Mutter schnaubend auf den Räuber los, mit den Füßen ihn zerstampfend.
Das RKälbehen ist gerettet. Reineke kehrt hinkend und zorngrimmig
heim. ...
Tritt die Sonne in den Löwen, dann blüht dem Fuchse die goldene
Zeit. Uppige, reifende Stille liegt über der Erde, die Ahren hangen
schwer und gelb, ein unabsehbarer Fruchtwald. Dahinein zieht's den
Puchs. Dort lagern Hase und Kaninchen, Rebhuhn, Wachtel und
Lerche, kleine Leutehen ohne Wehr und Waffen. . . . Ach, es wird
ihnen übel ergehen! . . . Umsonst sind ihre kleinen Künste, er mordet
bei Tag und Nacht, und seine Brut wird dreist und feist. Wenn er
sich gütlich getan hat, so winkt ihm auf sonniger Heide das Bienen-
haus. Er springt hinan, schleckt die würzigen Tropfen, und ob ihn
das ganze Immenheer umschwärme, er lacht ihres Stachels, lädt sie
sich auf seinen Pelz, wälzt sieh am Boden, zerdrückt sie, fribt
sie, und am Ende mũüssen die fleißigen Schaffnerinnen ihm die sübe
Labe überlassen samt Haus und Hof. Oder er schleicht zum
Garten, wo aus dem Laube rotwangige Birnen und schwarze Kirschen
locken, versueht im Weinberg die Traube, oder er lauert am Bach,
mit dem PVischreiher Halbpart zu machen, oder mit seinem Wedel
den Krebs zu kitzeln und aus der Wasserhöhle ans Licht zu
schmeicheln. ...
Aber die goldenen Tage sind bald vorüber. Die Pelder stehen
kahl, der Wald entlaubt, auch die letzten Wandervögel sind davon-
gezogen, über die ôde brausen rauhe Stürme. Der PFuehs liegt in
seiner Zelle, denn es gibt wenig zu jagen, und die gesammelten Vorräte
schützen ihn zunächst noch vor dem Mangel. Inzwischen drüngt der
Winter immer ungestümer heran. Bald liegt alles erstarrt unter der