Full text: [Teil 2 = Mittel- und Oberstufe, [Schülerband]] (Teil 2 = Mittel- und Oberstufe, [Schülerband])

182. Der Suchs. 
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Miene verrät, dab er der Beute ansichtig geworden. Er verschwindet, 
um in weitem Bogen von einer anderen Seite den Angriff zu versuchen. 
Allein die wachsame Alte drängt sich dicht an das Junge, denn sie 
kennt den Arglistigen. Dort streift er vorbei. Die Ricke pfeift wieder, 
und der FPuehs schaut auf, als schrecke er plötzlich zusammen. Doch 
er ist inzwischen dem Ziele seiner Wünsche nah und näher gekommen. 
Der Augenblick ist günstig und Verstellung nicht mehr nötig. Reineke 
duekt sieh nieder; wie eine Katze schmiegt er sich an den Boden; 
seine Augen starren wildgierig auf das bebende Tier, er weist die 
mörderischen Reiber, hebt leiss Pub und Kopf zum Sprung und 
Bibß — ein Augenblick noch — ein Satz, und — da stürzt sieh die 
Mutter schnaubend auf den Räuber los, mit den Füßen ihn zerstampfend. 
Das RKälbehen ist gerettet. Reineke kehrt hinkend und zorngrimmig 
heim. ... 
Tritt die Sonne in den Löwen, dann blüht dem Fuchse die goldene 
Zeit. Uppige, reifende Stille liegt über der Erde, die Ahren hangen 
schwer und gelb, ein unabsehbarer Fruchtwald. Dahinein zieht's den 
Puchs. Dort lagern Hase und Kaninchen, Rebhuhn, Wachtel und 
Lerche, kleine Leutehen ohne Wehr und Waffen. . . . Ach, es wird 
ihnen übel ergehen! . . . Umsonst sind ihre kleinen Künste, er mordet 
bei Tag und Nacht, und seine Brut wird dreist und feist. Wenn er 
sich gütlich getan hat, so winkt ihm auf sonniger Heide das Bienen- 
haus. Er springt hinan, schleckt die würzigen Tropfen, und ob ihn 
das ganze Immenheer umschwärme, er lacht ihres Stachels, lädt sie 
sich auf seinen Pelz, wälzt sieh am Boden, zerdrückt sie, fribt 
sie, und am Ende mũüssen die fleißigen Schaffnerinnen ihm die sübe 
Labe überlassen samt Haus und Hof. Oder er schleicht zum 
Garten, wo aus dem Laube rotwangige Birnen und schwarze Kirschen 
locken, versueht im Weinberg die Traube, oder er lauert am Bach, 
mit dem PVischreiher Halbpart zu machen, oder mit seinem Wedel 
den Krebs zu kitzeln und aus der Wasserhöhle ans Licht zu 
schmeicheln. ... 
Aber die goldenen Tage sind bald vorüber. Die Pelder stehen 
kahl, der Wald entlaubt, auch die letzten Wandervögel sind davon- 
gezogen, über die ôde brausen rauhe Stürme. Der PFuehs liegt in 
seiner Zelle, denn es gibt wenig zu jagen, und die gesammelten Vorräte 
schützen ihn zunächst noch vor dem Mangel. Inzwischen drüngt der 
Winter immer ungestümer heran. Bald liegt alles erstarrt unter der
	        
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