Object: Lehrbuch der Geographie für höhere Unterrichtsanstalten

Vorder-Indien. 83 
der Reichthnm eines indischen Fürsten oder Nabob sprüchwört¬ 
lich wurde. Die „schwarzen Diamanten," die Steinkohlen, 
sind in ausgedehnten Lagern über einen großen Theil der Halb- 
insel verbreitet. Wie eine Welt für sich ist die von Asiens 
Körper so bestimmt abgeschnittene Halbinsel mit Producten aller 
Art reichlichst ausgestattet, und ist darum von jeher das glän- 
zendste Ziel der Eroberer und Ansiedler, der Centralpnnkt der 
Karavanenzüge und der Sammelplatz der Schisser aus allen 
Weltgegeuden, überhaupt der Ausgangspunkt eines großartigen 
Weltverkehrs gewesen. 
Die 200 Millionen Menschen, welche diese schöne Halb- 
insel bewohnen, gehören (bis auf V? Muhamedauer) Hauptfach- 
lich dem Volke der Hindns an. Ans uralter Zeit stammen 
seine heiligen Religionsbücher, geschrieben in der heiligen, jetzt 
nicht mehr im Leben gebrauchten Sanskrit-Sprache. Sie 
verehren neben unzähligen Niedern Göttern drei Hanptgötter. 
Der erste heißt Brahma (Schöpfer). Aus seinem Munde 
ging bei der Schöpfung die erste Kaste (d. i. Abtheilung, erblicher 
Stand) der Hindus hervor: die Brahmanas, Brahmi- 
iten = Priester; aus seinen Armen die Krieger, aus seinem 
Bauche die Ackerbauer und Kaufleute, aus den Füßen die Hand- 
werker. Die vier Kasten sind streng unter sich geschieden; alle 
zusammen verabscheuen die sogenannten unreinen Kasten oder 
richtiger die kastenlosen Menschen. Sie sind durch Mischung 
der reinen Kasten mit fremden Völkerelementen, oder aus den 
schwarzen Ureinwohnern entstanden. Die negerartigen Parias 
sind vornehmlich verachtet und gemieden. Der zweite Haupt- 
gott Wischnn (Erhalter) ist öfter auf Erden erschienen, immer 
in Thiergestalt. Daher die heilige Scheu, das Leben der Thiere, 
besonders der Rinder, aber auch unverschämter Affenarten, selbst 
scheußlichen Ungeziefers anzutasten. Der dritte Gott, Schiwa 
(Zerstörer), ist ein böser Gott. Alle drei und eine Menge 
Untergötter werden von den Hindus mit eifrigem Aberglauben 
verehrt. Da giebt es unterirdische Höhlentempel, ganze Felsen- 
ketten, die zu Tempeln ausgehauen sind. Die aus Quadern 
zusammengesetzten Tempel der spätern Zeit heißen Pagoden. 
Man legt sich den Götzen zu Ehren die schrecklichsten Büßungen 
ans, ja viele weihen sich, um ihnen zu gefallen, dem Tode 
(die noch immer nicht ganz verschwundene Wittwenver- 
brennung ist übrigens keine Religionsvorschrift). So eifrig 
bemüht, sich den Himmel zu erobern, hat jenes sanfte und 
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