VII. Von deutschem Handel, insbesondere vom Hansabunde. 375
die seetüchtigen Völker in sein Fahrwasser, und die deutschen Hansen
kämpften um seinetwillen blutige und siegreiche Kämpfe mit den Dänen,
Engländern, Schotten und Holländern, sie brachen den dänischen Kömgen
ihre festen Schlösser, besetzten ihre Inseln, vertrieben und erschlugen die
Seefahrer anderer Nationen an fremdem Strande und behaupteten durch
Jahrhunderte die Herrschaft auf Gothland, Schonen und Bergen. Das
wurde die große Zeit der deutschen Hansa. Nach 1400 aber zog Jtch
der Hering von der Ostsee ab an die holländische Küste; seitdem
wurden die holländischen Städte reich, und den erstarkten Hansen ver-
minderte sich der Erwerb, dem sie ihren ersten Wohlstand verdankten.
Auf dem Lande wußte der Kaufmann der Hansa sich seit dem
13. Jahrhunderte ritterlich zu halten; er verstand im Spiel des Schüd-
baums und der Tafelrunde seinen Speer regelrecht zu tierstechen. Gern
zeigte er seinen Wohlstand durch stattliche Kleidung, kostbaren Pelzrock
und buute Farben, die ihm der Schildbürtige nicht gönnen wollte; er trug
das Schwert oder lange Messer an der Seite und seinen Kaufmannsgnrt
reich verziert, daran die schöngeformte Geldtasche und seinen Siegelung,
worein das wichtige Zeichen feines Geschäftes, die Hausmarke, gegraben
war. Denn auch er war des Schreibens nicht immer mächtig und be¬
stätigte durch dieselbe Marke, die von seinen Fässern unb Ballen her in
Florenz uud Lissabon, in London und Nowgorod wohl bekannt war, die
Urkunden, welche er durch den Schreiber ausstellen ließ. Aber derselbe
Mann trug auch die Friesjacke des Schissers uud das Kettenhemd
eines Wappners zur See. Denn er fuhr als Reeder seines guten
Schiffes oder als Schiffer einer städtischen Kogge durch alle bekannten
Meere. Aus dem rundbauchigen, hochbordigen Fahrzeuge, welches
Handelsschiffe geleitete, erhub sich ein Kriegsgerüst mit hölzernen Zinnen
für die Schützen und für eine Standarmbrust oder Wurfmaschine, und
es führte außer der seemännischen Bemamumg noch Wappner, in Danzig
um 1400 gewöhnlich 40 bis 70 Mann. Jene, die Schiffskinder, waren
gegen Löhnung angenommene Heuer, diese gern auf einen Beuteanteil
geworbene freie Söldner, Landsknechte der See, verwegene, aber auf-
sätzige Gesellen. Gefährlich waren die Fahrten, denn es gab Überall
Auslieger, Kaperschiffe, in der Ostsee wirtschafteten wilde Freibeuter als
Seeräuber, und es kostete den Hansen, dem deutschen Orden in Preußen
und den Dänen viele Mühe, die Freibeuter zu dämpfen. Lange sangen
die Leute an der See von Stortebecker und Goedecke Michael, wie sie
am Bord ihrer Schiffe geraubten Wein tranken, als die Schiffe der
Hamburger in Sicht kamen, wie die „bunte Kuh" von Flandern, das
Hauptschiff der Hamburger, den Räubern das Vorkastel entzwei lief, wie
die gefangenen Räuber sich beim Rate ausbaten,_ in ihrem besten Ge¬
wände den Trauerberg hinaufzugehen, von Pfeifern und Trommlern
geleitet, und wie der scharfe Richter in seinen geschnürten Schuhen bis
an die Enkel im Blute stand. Die Seefahrer banden sich durch Eid-
schwur zu einer Genossenschaft, begannen mit Gebet und Gesang die
gefährliche Fahrt, errichteten. „steife Orduuug" nach Seerecht, erwählten