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Blicke in die Vergangenheit Westphalens.
deutsches Herz darüber nicht verloren, wie manche von Seines¬
gleichen. Ihn empörte das Benehmen der Römer, und er be¬
schloß, die Freiheit seines Volkes zu retten. Hin und her in den
Wäldern und Schluchten versammelte er die Häupter desselben und
schloß im Geheimen mit ihnen einen Bund zur Vertreibung der
Römer. Gegen Varus stellten sich die Verschworenen aber immer
freundlicher. Um die römische Militärmacht zu zerstreuen, erbaten
sich auf ihr Anstiften deutsche Gemeinden römische Soldaten als
Schutzmannschaften, ja Varus ließ sich selbst verleiten, seine Feste zu
verlassen und an der Weser ein Sommerlager mit 3 Heerhaufen
(Legionen) zu beziehen. Da erhob sich, während Varus ein ver¬
gnügliches Lagerleben führte, ein Volksaufstand unter den Marsen im
östlichen Westphalen. Er war angeschürt durch die Verschworenen,
um Varus südlicher in das unwegsame Gebirge zu locken, und die¬
ser, in stolzer Sicherheit selbst die Warnung des Verräthers nicht
achtend, ging mit seinen Legionen in die Falle.
2. Bei seinem Auszuge geleiteten sogar mehrere deutsche Fürsten
den römischen Feldherrn. Dann aber trennten sie sich von ihm,
unter dem Vorgeben, sie wollten ihm ihre Schaaren zuführen. An¬
statt dessen riesen sie daheim die Ihrigen zum Freiheitskampfe; von
Gau zu Gau erscholl der Ruf und riß selbst die Gleichgültigen mit
fort. Sorglos zog indeß das Römerheer durch einen furchtbaren
Wald; da mußten erst Wege in das Dickicht gehauen und Gewässer
überbrückt werden. Es war ein langer und langsamer Zug; viel
Gepäck, selbst Weiber und Kinder folgten. Ordnungslos zog Alles
dahin. Ein anhaltender Regensturm durchweichte den Boden, Roß
und Mann glitten auf den schlüpfrigen Pfaden aus, schon herrschte
allgemeine Ermattung. Da plötzlich zeigen sich auf allen Seiten im
Dickicht des Waldes feindliche Haufen; es erfolgen vereinzelte An¬
griffe, dann wird der Kampf allgemein. Mit Mühe erreichen die
Römer eine freie Stelle. Die Angriffe lassen nach, es kann ein
Lager zur Nachtruhe aufgeschlagen werden. — Varus merkt die Ge¬
fahr, in die er gerathen ist; er läßt am nächsten Morgen einen
großen Theil des Gepäcks verbrennen und wendet sich westwärts,
um das feste Aliso an der Lippe zu erreichen. Aber noch ist erst
der Osning zu übersteigen und alsdann eine moorgrundige Ebene zu
passiren. Die Legionen der Römer schließen sich fester an einander;
denn kaum haben sie das Gebirge betreten, so werden sie von Neuem
angegriffen und erreichen unter steten Kämpfen bis zum Tode er¬
müdet am Abend wieder einen freien Platz; doch kann die Befesti¬
gung des Lagers nicht beendet werden. Mit dem dritten Morgen
wiederholen sich Regensturm und feindliche Angriffe. Die schwere
Bewaffnung der Römer hindert sie auf dem Marsche, die Bogen¬
sehnen sind vom Regen erschlafft und versagen den Dienst. Unter
großen Verlusten gelangt das bedrängte Heer an den Abhang des
Waldgebirges zu jener Ebene. Aber hier ist die Hauptmacht der