fullscreen: Erzählungen aus der neuesten Geschichte (1815 - 1881) (Teil 3)

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Cloud sei, ertheilte Marmont, besorgt um den daselbst weilen¬ 
den König, den Befehl zum Rückzug, der durch das Boulogner 
Hölzchen nach St. Cloud führte. Das siegreiche Volk wachte 
über die Heiligkeit des Eigenthums im Louvre und in den 
Tuilerien, die Kunstschätze wurden gesichert und Kostbarkeiten, 
Geld und werthvolle Geräthschaften kamen auf das Stadt- 
Haus in Verwahrung, während die Betten den zahlreichen 
Verwundeten zu Theil wurden. Die gefallenen Kämpfer 
wurden später unter der Julisäule bestattet. 
Marmont hatte in St. Cloud einen sehr übelen Empfang 
und ward als Verräther bezeichnet. Indessen entschloß sich 
der König zum Nachgeben und schickte am 29. Abgeordnete 
nach Paris mit der Nachricht, er nehme die Ordonnanzen 
zurück, wolle die Kammern auf den 3. August berufen, die 
Nationalgarde wiederherstellen und ein liberales Ministerium 
ernennen. Aber seine Abgeordneten wurden von der Munieipal- 
behörde und der neu eingesetzten provisorischen Regierung 
zurückgewiesen, „Es sei zu spät," hieß das Schreckenswort, 
„Karl X. sei nicht mehr König von Frankreich." Man sprach 
von Wiederherstellung der Republik, und die kampfesmuthige 
Jugend und die Proletarier bauten auf sie ihre Hoffnung, 
aber den wohlhabenden Bürgerstand durchzuckte im Angedenken 
an die blutigen Gräuel der ersten Republik ein nur zu wohl- 
begründetes Grausen. Daher brachte Lafitte den bei ihm 
versammelten Deputirten die Erhebung des Herzogs von Or- 
leans in Vorschlag und wußte auch den einflußreichen Lafayette 
dafür zu gewinnen. Am 30. Juli wurde von etwa 60 De¬ 
putirten und 60 Pairs der Beschluß gefaßt, daß der Herzog 
von Orleans eingeladen werden solle, die Stelle eines General- 
Statthalters des Königreichs zu übernehmen und als solcher 
die Nationalfarben beizubehalten. 
Ludwig Philipp, Herzog von Orleans, geboren am 
6. October 1773, war der Sohn des 1793 hingerichteten 
Philipp Egalits. Seine Erziehung hatte Frau von Genlis 
im Geiste jener Zeit geleitet und für die EntWickelung seiner 
körperlichen Thätigkeit und seines glänzenden Verstandes Sorge 
getragen. Nach dem Beispiel seines Vaters hatte er sich mit 
jugendlicher Leidenschaft in die Arme der Revolution geworfen 
und stand im Jacobinerelub in hohem Ansehen, wie er sich
	        
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