Full text: Kurze Darstellung der deutschen Geschichte

16 I. Zeitr. Von 113 vor Chr. Geb. bis 768 nach Chr. Geb. 
liche Stachelreihe vorzustrecken; und gegen die Pfeile und Wurfspeere 
der Reuter waren sie durch Schild, Helm und Harnisch genugsam 
geschützt. 
Mit den suevischen Reutern war es aber anders. Wenn diese 
den Römern nahe gekommen Ovaren, so sprang auf einmal zwischen 
jedem Paar Pferde ein Fußkämpfer hervor, die schlossen sich zusam¬ 
men und griffen nun gemeinschaftlich mit den Reutern die Römer 
an; und diese zogen meistentheils den Kürzern, weil sie sich unerwar¬ 
tet gegen einen doppelten Angriff vertheidigen mußten. Das war eine 
meisterhafte Erfindung der Deutschen und ihre Geschicklichkeit und 
Behendigkeit dabei war sehr zu bewundern. Die schnellsten Jünglinge 
wurden dazu ausgewählt, oder, was noch besser war, jeder Reuter 
wählte sich seinen Gefährten aus seinen Freunden selbst. Diese Jüng¬ 
linge übten sich nun so trefflich im Laufen mit den Pferden, indem 
sie sich an den Mähnen derselben festhielten, daß sie zuletzt im aller¬ 
schnellsten Rennen mit fortspringen konnten. Wie ein Sturmwind 
waren sie dem Feinde auf dem Nacken; war er aber zu stark, so ver¬ 
schwanden sie ihm mit den Reutern eben so schnell wieder aus den 
Augen. Als die Römer über diese einzelnen Gefechte schon höchst un¬ 
geduldig waren, erfuhr Cäsar endlich durch einige Gefangene, warum 
die Deutschen sich in keine Hauptschlacht einlassen wollten; die 
wahrsagenden Frauen im Lager hatten nemlich eine Schlacht 
vor dem Neumonde verboten, weil sie unglücklich sein werde. Es war 
eine auffallende Eigenheit bei den Deutschen, daß sie den Frauen eine 
besondere Kraft der Wahrsagung zutrauten; sie glaubten, die Götter 
verkündigten durch ihren Mund am ersten die Zukunft. Darum wa¬ 
ren fast immer bei jedem Volke einige heilige, wahrsagende Frauen, 
deren Rathe sie folgten, und die sie besonders mit in den^Krieg nah¬ 
men, um ja nicht zu einer ungünstigen, den Göttern mißfälligen, Zeit 
eine Schlacht anzufangen. Der Neumond war ihnen immer eine be¬ 
deutungsvolle Zeit; an Neumonden und Vollmonden kam auch in 
Friedenszeiten gewöhnlich die Volksgemeinde zur Beratschlagung zu¬ 
sammen; nun hatten auch diesmal die heiligen Frauen dem Ariovist 
den Neumond zur Schlacht bestimmt; den wollte er abwarten. 
Sobald aber Cäsar dieses erfahren, rückte er dicht an das La¬ 
ger der Deutschen und machte Miene, es anzugreifen. Eine so nahe 
Ausfoderung konnten diese doch nicht aushalten; das war ihrer Ehre 
zuwider. Sie rückten gleichfalls in Schlachtordnung aus dem Lager, 
und nun begann der Kampf. Die Deutschen machten den Angriff 
mit solcher Hitze, daß die Römer nicht einmal Zeit behielten, ihre 
Wurfspieße zu schleudern, sondern sogleich die Schwerdter ziehen mu߬ 
ten. Ihr linker Flügel wurde in die Flucht getrieben; der rechte 
aber, wo Cäsar selbst befehligte, schlug seinerseits den linken Flügel 
der Deutschen, und nun kam es darauf an, wer am schnellsten die 
Ordnung der geschlagenen Haufen wiederherstellcn konnte. Das war 
aber Cäsar; denn das römische Heer war besser an Gehorsam und 
Ordnung gewöhnt; die Deutschen dagegen verließen Reih und Glied 
sogleich, wenn ihr Angriff geglückt war, in Verfolgung des Feindes.
	        
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