Full text: Historisches Bilder-Buch für die denkende Jugend

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Reiche allgemein verbreitete griechische Sprache, in welcher die heiligen 
Bücher der Christen frühzeitig geschrieben wurden, der innere, politische 
Zusammenhang der einzelnen Provinzen, die bereits vorangegangene 
Ausstreuung der Juden durch die ganze römische Welt, erleichterte ih¬ 
ren Eingang; die von der alten Welt vielfach versuchte Nachweisung 
einer Unsterblichkeit der Seele, deren philosophische Versuche nicht für 
den Laien, deren poetischer Glaube nicht für den Denker brauchbar 
war, fand in ihr einen einfachen, beinahe handgreiflichen, und weil ihre 
ganze Lehre auf ein Leben nach dem Tode gerichtet war, deshalb sofort 
unumstößlichen, durch Wunder bekräftigten Beweis; und da der Glaube 
an die Tugend niemals aus der Seele der Menschen gewichen ist, so 
mußte eine Religion, welche an den Tugenden, dem einfachen, fitten- 
reinen Leben der ersten Christen einen schlagenden Beweis für ihren 
Einfluß auf die Sitten, und an der heldenmütigen Standhaftigkeit ih- 
rer ersten Bekenner, für ihren Einfluß auf den Character hatte, notl>- 
wendig einen außerordentlich raschen Eingang bekommen. Dazu kam 
die frühzeitige Organifirung der einzelnen Gemeinden, ihr beständiger 
Zusammenhang unter sich, ihre brüderliche Gleichstellung aller, außer¬ 
dem durch Freiheit und Sklaverei, durch Reichthum und Armuth so 
ungeheuer geschiedenen Stände, ihre Unterstützung und Pflege der Ar¬ 
men und Kranken, auch ihre nothwendige und abfichtliche Geheimhal¬ 
tung ihrer Zusammenkünfte und Liebesmahle, was theils die Phantasie, 
theils die Schwärmerei, theils den Ehrgeiz, nur auf andere Weise, an- 
spornte und begünstigte, und in dem inner» Kreise der Gemeinde in 
der frühzeitigen Abstufung der Hierarchie und dem Einfluß des Pres¬ 
byters oder Bischofs einen reichen Ersatz für die heidnischen Ehren fin¬ 
den ließ, — und man wird es begreiflich finden, wenn Constantin der 
Große, der erste Christ auf dem Throne, es für zeitgemäß hielt, der 
christlichen Lehre, die sich durch alle Stände verbreitet hatte, nicht blos 
(313) allgemeine Duldung zu gewahren, sondern auch den entschiedenen 
Vorzug vor der heidnischen zu verschaffen, was er sowohl durch die Er¬ 
ziehung seiner Kinder und sämtlichen Familie in dieser Religion, als 
auch durch die Verlegung der Residenz nach Constantinopel, eine durch 
keine Ueberreste des Heidenthums entstellte, sondern rein christliche Stadt, 
und endlich durch feine entschiedene Theilnahme an den unter den Chri¬ 
sten selbst ausgebrochenen Streitigkeiten auf dem Concil zu Nicäa (32',) 
und seine eigene Taufe, kurz vor seinem Tode (337) bewirkte. Indessen 
ging das römische Reich mit raschen Schritten seinem Ende entgegen. 
Nicht nur die gänzliche Auflösung des alten Römerthums, die allerdings 
auch durch die Abschaffung der alten Staatsreligion vollendet worden 
war, nicht nur der innere durch Despotie und asiatische Verschwendung 
herbeigeführte Verfall, sondern auch das fortwährende Andringen nordi¬ 
scher Barbaren auf die Grenzen des Reichs machte den Kampf von 
Jahr zu Jahr schwerer. Am Rhein zogen Franken und Alemannen
	        
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