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Zweiter Zeitraum. Rom als Republik.
Manipularstellung ein, welche die geschlossene Masse des Heeres in leicht be¬
wegliche Abteilungen (Manipel) auslöste. - Nach Ablauf eines Jahrhunderts
war die ganze Apenninhalbinsel den Römern untertan.
1. Die Kriege mit den Latinern und den Samniten.
a) Der Latinerkrieg. Dnrch wiederholte Kriege mit Rom waren die Latiner
allmählich in ein Untertanenverhältnis zu den Römern gekommen. Diese
Lage wollten sie nicht länger ertragen; sie erstrebten Gleichberechtigung und
wünschten, daß ein Konsul und die Hälfte desSenates aus den La¬
tinern genommen werde. Rom ging auf diese Forderung nicht ein, und so
kam es zum Kriege (Dem letzten Latinerkrieg).
Am Fuße des Vesuvs (bei Neapel) fand der erste Zusammenstoß statt. Vor
der Schlacht gab der eine der beiden Konsuln, Manlius Torquatus, ein
denkwürdiges Beispiel strenger Kriegszucht und Selbstverleugnung,
indem er seinen eigenen Sohn, der sich gegen den Befehl des Vaters in einen
Zweikampf mit einem Latiner eingelassen hatte, vor den Augen des Heeres hin¬
richten ließ. Um seinem Volke in dem schweren Kampfe den Sieg zu sichern,
soll sich der plebejische Konsul Decius Mus freiwillig den Todesgöttern ge¬
weiht haben, worauf er dann mitten in die Feinde stürmte. Ein zweiter Sieg
machte dem Kriege ein Ende; die Latiner mußten sich unterwerfen (338).
b) Die Samnitenkriege. Langwieriger als die Kämpfe mit den Latinern
waren die Kriege mit den Samniten, die hauptsächlich den mittleren Apennin
bewohnten. Da der Boden sehr wenig ergiebig war, wanderten fortwährend
Scharen aus der Heimat nach dem fruchtbaren Campanien. Dies führte zu
Kämpfen zwischen den Bewohnern der Ebene und des Gebirges, in welche auch
die Römer hineingezogen wurden.
Die Samnitenkriege enthalten manche sagenhafte Züge. Der erste
Krieg soll mit dem Siege der Römer und dem Erwerb eines großen Teiles
von Campanien geendet haben. In dem eroberten Gebiete legten die Römer zur
Sicherung ihrer Herrschaft Festungen an; die Besatzungen waren kriegsgeübte
römische Ansiedler, die in friedlicher Zeit Landbau betrieben. Durch die Anlage
einer solchen Militärkolonie an der Grenze von Samnium wurde der Arg¬
wohn der Samniten geweckt, und bald entbrannte im Streite um die griechische
Stadt Neapel aufs neue der Krieg. Anfänglich glücklich, erlitten die Römer
im Jahre 321 eine empfindliche Niederlage. Den Samniten gelang
es, ein römisches Heer in die Engpässe von Caudium (in Mittelitalien) zu
locken und in einem rings von bewaldeten Höhen umgebenen Wiesentale ein¬
zuschließen. Um sich und das Heer zn retten, schlossen die Konsuln einen schimpf¬
lichen Vertrag. Die Römer mußten die Waffen strecken und unter dem Joche *,
d.h. einem aus drei Speeren gebildeten Galgen, abziehen. Der Senat ver¬
warf den Frieden und rüstete ein neues Heer unter erprobten Führern aus.
Feldherren und Krieger wetteiferten nun im Dienste dks Vaterlandes, um ben
schwierigen Kampf für Rom ehrenvoll zu Enbe zu führen. Allmählich erlahmte
benn auch die Widerstandskraft der Samniten, obschon noch andere italische Völker
1 Daher die sprichwörtliche Redensart: „Durchs kaudinische Joch gehen".